Nachhilfe mit «alten Leuten»? Echt jetzt!?
Auf die deutsche Erfolgskomödie «Enkel für Anfänger» folgt «Enkel für Fortgeschrittene». Die Fortsetzung überzeugt mit entwaffnenden Teenagern und schlagfertigen Seniorinnen.
Text: Fabian Rottmeier
Von wem wird man lieber begrüsst, wenn man nach einer einjährigen Auszeit am anderen Ende der Welt zu Hause ankommt: vom Ehemann … oder vom Laubbläser? Karins Mann Harald erschrickt – mit Gehörschutz – derart über die vorzeitige Rückkehr seiner Frau, dass er ihr mit dem Laubbläser gleich mal ordentlich das Gesicht durchpustet. Der schlimme Teil von Karins Rückkehr aus Neuseeland folgt aber erst noch: Nachbarin Sigrid ist auch da. Und hat Kaffee gemacht. Die Seniorin scheint den Grossteil ihrer Zeit bei Harald verbracht zu haben. Sie bringt ihm nicht nur das Essen vorbei, sondern auch die gewaschenen Kleider. Karin ist erbost – und stürmt davon. Sie kommt bei ihrem Freund Gerhard unter, der mässig darüber erfreut ist. Er widmet sich lieber täglich Bachs Matthäus-Passion.
Nach «Enkel für Anfänger» (mit über einer halben Million Kinoeintritte in Deutschland) folgt mit «Enkel für Fortgeschrittene» die Fortsetzung der deutschen Komödie, die sich um die drei befreundeten Seniorinnen und Senioren Karin, Philippa und Gerhard dreht. Nachdem sich das Trio im ersten Film aus dem Jahr 2020 als Paten-Grosseltern versucht hat (lesen Sie dazu hier unseren Artikel), möchten die drei nun den Kinderhort von Philippas Tochter vor dem Aus retten. Diese hat – hochschwanger – niemanden gefunden, der sie vertreten kann. Philippa hat die nötige Ausbildung, auch wenn diese (und ihre Methoden) schon einige Jahre zurückliegt.
Teenager kennen kein Pardon
Karin, Philippa und Gerhard werden von den «Schlüsselkindern» (so der Name des Schülerladens, wie Kinderhorte in Deutschland genannt werden) nicht etwa mit offenen Armen empfangen. Sondern mit den liebsten Waffen von Teenagern: mit Beleidigungen. Es hat dabei durchaus etwas Erfrischendes (und Lustiges), wenn dabei zuschauen darf, wie für einmal nicht Alt Jung zurechtweist, sondern andersrum.
Die Teenager lesen den «alten Leuten», wie sie die ältere Generation gerne bezeichnen, immer wieder gehörig die Leviten. Auf die Ermutigung von Karin, doch mal das Handy beiseite zu legen und sich dem Basteln oder der Natur zu widmen, folgt als Antwort, dass die Meere doch schon voller Plastik seien und genug Waldbrände am Lodern. «Ihr alten Leute habt das versaut und macht immer noch nichts dagegen.» Touché.
Geweckt vom Rasensprenger
Karins Ehemann Harald kämpft derweil mit den Tücken des Bewegungsmelders im Garten, dessen Lichtschaltung ihn am Einschlafen hindert. Karin hat aus lauter Ärger das Schloss zu ihrem gemeinsamen Haus auswechseln lassen. Haralds Wecker am Morgen? Der zeitlich programmierte Rasensprenger.
Philippa ihrerseits fällt durch unkonventionelle Pädagogik auf. Streber Noah rät sie davon ab, weiterhin fakultative Hausaufgaben zu lösen. Das führe am Ende doch bloss zu unbezahlten Überstunden im Erwachsenenleben. Der Kleine verlässt leicht verstört den Raum. Ganz anders der pensionierte Arzt Gerhard: Seine Nachhilfeschülerin Yasmin ist so frech wie entwaffnend: «Los, alter weisser Mann, hilf mir mal bei Bio», fordert sie.
Die Dialoge in «Enkel für Fortgeschrittene» bereiten teilweise grossen Spass: gepfeffert, manchmal schwarzhumorig, dann wieder beleidigend, aber selten plump – und insgesamt um einiges besser als beim Erstling. Die heitere Komödie hält dabei trotzdem die eine oder andere Wende bereit – eine davon sogar so unvermittelt wie manchmal im echten Leben. Das Eintrittsgeld wert ist alleine schon die Einstiegsszene, die Kinder auf dem Spielplatz zeigt, die mit den Stimmen von alten Menschen über ihre Gebrechen und Leiden klagen. Eine herrlicher Einfall.
«Enkel für Fortgeschrittene», 110 Min., ab 7. September im Kino, unter anderem mit Maren Kroymann, Heiner Lauterbach und Barbara Sukowa. Infos und Spielorte zum Film finden Sie hier.