Zeit ist nicht vererbbar, das Bewusstsein dafür schon: Fabienne und Chantal Muri führen mit ihrer Luzerner Firma «Daughters of Time» die Arbeit ihres Grossvaters und Vaters fort – mit Beratungen.
Text: Fabian Rottmeier
Alles begann in ihren Kinderzimmern – mit einem Vogel, der sich viertelstündlich bemerkbar machte. Der Grossvater von Fabienne und Chantal Muri hatte ihnen, wie all seinen Enkelkindern, eine Kuckucksuhr geschenkt. Schliesslich reiste er in der ganzen Schweiz herum, um Kirchturmuhren und Glockenantriebe zu bauen. Er war dabei so fokussiert, dass er in einem der Türme sogar einmal seinen Sohn vergass – den Vater der beiden Schwestern. Aus ihm, Ivo Muri, wurde später ein Betriebsökonom, der mit seiner eigenen Firma erste Softwarelösungen zur Zeiterfassung entwickelte, bevor er sich der Zeitforschung widmete.
Das Thema Zeit war also früh omnipräsent im Surseer Leben von Fabienne und Chantal Muri – schon vor der ersten Flickflackuhr am Arm. «Die Frage, wie man seine Lebenszeit sinnvoll gestaltet, hat unseren Vater immer beschäftigt», sagt Fabienne Muri. Und so gab er seinen Töchtern nicht nur prägende Bücher wie «Sofies Welt» oder «Momo» auf den Weg, sondern auch die Überzeugung: «Ihr könnt alles werden, was ihr möchtet!» Oder: «Tut, was euch glücklich macht.» Er förderte ihre Persönlichkeitsentwicklung.
Heute, in ihren Dreissigern, geben die beiden Schwestern diese Gedanken weiter – als «Daughters of Time». So heisst ihr Unternehmen, das sie 2019 in Luzern gründeten. Fabienne und Chantal Muri beraten Firmen oder Einzelpersonen, immer mit dem Ziel, etwas auszulösen und ein Bewusstsein zu schaffen. Sei es für den Teamgeist, die eigenen Stärken oder um «den persönlichen Weg» zu finden. Sie ermutigen – wie ihr Vater.
Lebens- und Zeitfragen fielen dabei auch auf sie selbst zurück. Die 33-jährige Chantal ist achtsamer geworden und hat die Illusion aufgegeben, ihre Zukunft bis ins Detail planen zu wollen. Im Wissen, dass die Zukunft nur im Jetzt gestaltbar und die einzige Konstante im Leben die Veränderung ist. Stattdessen schätzt sie heute Lebensqualität als Erfolg – und richtet ihre Entscheidungen danach aus. Die 35-jährige Fabienne wiederum, ein Bewegungsmensch, hat mit ihrer kleinen Tochter gelernt (oder lernen müssen?), dass auch ein nicht vollgepackter Tag befriedigend sein kann.
Die beiden raten, eine Tagesplanung anzustreben, die ehrlich und realistisch scheint. «Wenn die drei wichtigsten, vorab definierten Aufgaben geschafft sind, ist der Tag bereits gerettet», sagt Chantal Muri. Ebenso wichtig: «Pausen. Unbedingt!»
© plainpicture/Manuela Deigert, shutterstock (Collage Zeitlupe)
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