Klein, fein und sehr oho!
Sie trägt einen heiteren Namen, ist zum Anschauen etwas runzlig und in Indien ebenso unverzichtbar wie in Vorderasien und an den Küsten des Mittelmeeres: die Kichererbse.
Text: Gaby Labhart
Cicer arietinum, so die korrekt lateinisch-botanische Bezeichnung, ist eine Erbse. Und zwar eine Doppelerbse. Denn Cicer heisst Erbse. Wenn wir sie also Kirchererbse nennen, ist sie genau übersetzt eine Erbse-Erbse. Das mag möglicherweise ein Grund zum Kichern sein.
Am wohl bekanntesten und beliebtesten ist diese Hülsenfrucht bei uns als Hummus. Mitterweile wird das mattgelbe Mus aus gekochten und pürierten Kirchererbsen, Olivenöl und Sesampaste (und noch einigen Gewürzen) in Discountern, Supermärkten und Bioläden als Fertigprodukt verkauft. Im Internet streiten Fans der Paste, die traditionell aus Nahost stammt, welches die besten Rezepte sein mögen. Seit Jahrtausenden bauen die Völker von Israel bis Iran Kichererbsen an. Hummus eint Israelis und Palästinenser zumindest kulinarisch. Der andere Renner, der bald einmal Pizza, Sushi und Konsorten den Rang abläuft, heisst Falafel. Dabei handelt es sich um frittierte Kichererbsenbällchen, die die arabische Antwort auf Fastfood sind.
Hummus und Falafel sind rundum beliebt. © Christopher Alvarenga, Ludovic Avice/ unsplash
Seinen Boom in unseren Gefilden verdankt das etwas schrumpelige Erbsli allerdings nicht nur den vielen Möglichkeiten, die es kulinarisch bietet, sondern auch seinen Inhalten. Kirchererbsen sind kleine Eiweissbomben. Das freut natürlich ganz besonders die Vegetarierinnen und Veganer, die bekanntlich immer zahlreicher werden. Schon eine Portion gekochte Kichererbsen (ca. 200 Gramm) liefert 20 Gramm Protein und kann es daher gut mit tierischen Eiweissquellen aufnehmen.
Aber damit noch lange nicht genug: Das Hülsenfrüchtchen, das schon vor etwa 6000 Jahren in Kleinasien kultiviert wurde, dann nach Indien und ans Mittelmeer «wanderte», um schliesslich mit den Handelsschiffen im frühen Mittelalter bei uns zu landen, ist auch reich an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Denn mit der einen Portion Kichererbsen sind auch 70 Prozent des täglichen Folsäurebedarfs, 65 Prozent des täglichen Kupferbedarfs, 50 Prozent des täglichen Ballaststoffbedarfs, 25 Prozent des täglichen Eisenbedarfs, 20 Prozent des täglichen Zinkbedarfs, 85 Prozent des täglichen Manganbedarfs gedeckt. Die Erbsli regulieren die Blutfettwerte, schützen das Herz-Kreislauf-System und senken den Blutzuckerspiegel. Es ist also beileibe nicht erstaunlich, dass die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung den wöchentlichen Verzehr von mindestens ein bis zwei Portionen Kichererbsen empfiehlt. Es darf auch äs bitzeli mehr sein.
Aber aufgepasst: Kichererbsen müssen vor dem Kochen immer mindestens sechs Stunden, am besten aber über Nacht eingeweicht werden. Am schnellsten lassen sie sich dann in etwa 45 Minuten im Schnellkochtopf zubereiten. Aus der Dose ists zwar praktischer, aber die Kichererbsen müssen intensiv abgespült werden, um den Büchsengoût wegzubringen. Zum Schluss noch ein guter Rat von Hildegard von Bingen, passend zur Saison: «Die Kichererbse ist warm und angenehm und leicht zu essen und sie vermehrt dem, der sie isst, nicht die üblen Säfte. Wer aber Fieber hat, der brate Kichererbsen über frischen Kohlen und esse sie und er wird geheilt werden.»