Fricktaler Turner am «Eidgenössischen» 1963

Am Turnfest in Luzern wirkten über 30000 aktive Turner mit. Einer davon: Heinz Acklin aus Herznach AG, zweite Reihe ganz links. Der Turnverein war aber nur eines der vielen Hobbys des heute 76-Jährigen.  

Schwarzweiss-Gruppenfoto: Heinz Acklin am eidgenössischen Turnfest 1963

1947 in Herznach geboren, verbrachte ich mein ganzes Leben im Fricktal. Meine Eltern mussten damals heiraten, weil ich unterwegs war. Da sie oft stritten, empfand ich es als Glück, dass ich bei meinem Grossvater aufwachsen durfte. Bei ihm und seiner zweiten Frau erlebte ich eine gute Kindheit und Jugend. Mein Grossvater war als langjähriger Gemeinde-Ammann, Schul- und Kirchenpfleger eine angesehene Persönlichkeit in Herznach. Wegen seines Berufs und weil Acklin im Dorf ein häufiger Name ist, nannten mich früher alle «Amme-Heinz».

Mit fünfzehn trat ich dem Turnverein bei und trainierte an zwei Abenden der Woche. 1963 reisten wir Turner aus Herznach und der Nachbargemeinde Ueken ans Eidgenössische Turnfest nach Luzern. Unter den strengen Blicken der Richter wurden das Geräte- und Sektionsturnen durchgeführt mit Disziplinen wie Reck, Barren, Pauschenpferd, Ringe, Speerwerfen und Kugelstossen. Alle Teilnehmer erhielten ein Turnerkreuz, das sie an ihren Bändel hefteten, den auf dem Foto alle tragen.

Nur kaltes Güggeli

Höhepunkt des Festes war die «Gesamtübung». Zusammen mit Tausenden Turnern aus der ganzen Schweiz zeigten wir eine Choreografie, die wir vorher wochenlang geübt hatten. Wie sich alle in ihren weissen Leibchen und Hosen unter freiem Himmel synchron zur Musik bewegten, war ein eindrückliches Erlebnis. Sonst erinnere ich mich bezüglich Turnfest nur noch, dass es mit der Verpflegung haperte: Zum Znacht erhielten wir nur kaltes Güggeli.

Das Luftbild zeigt die Allgemeine Übung am 66. Eidgenössischen Turnfest in Luzern vom 27.–30. Juni 1963.
Das Luftbild zeigt die Allgemeine Übung am 66. Eidgenössischen Turnfest in Luzern vom 27.–30. Juni 1963. © ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Comet Photo AG

Das eidgen. Turnfest in der Schweizer Filmwochenschau

Im Schweizerischen Bundesarchiv können Sie einen Ausschnitt aus der Schweizer Filmwochenschau vom 5.07.1963 ansehen. Die Filmsequenz zeigt den Höhepunkt des Eidg. Turnfestes in Luzern: 28’000 Turner haben sich am Schlusstag zu den Gesamtübungen vereinigt.

Filmsequenz ansehen

Im Dorf war man damals stolz auf den Turnverein. Kehrten wir von einem Turnfest heim, spielte uns zu Ehren die Musikgesellschaft. Ebenso ehrenvoll war es, die Turnvereinsfahne zu tragen. Verstarb ein Mitglied, schwang der Fahnenträger an der Beerdigung die Fahne über dem Grab.

Liebe auf den ersten Blick

Ich verliess den Turnverein nach wenigen Jahren, weil andere Hobbys und der Beruf wichtiger wurden. Meine erste Stelle hatte ich bei der Kunstkeramik-Abteilung des Dachziegelwerks in Frick. Dort war ich fürs Vorbereiten des Tons zuständig, befüllte und leerte die Brennöfen und glasierte Gefässe. Töpfereien haben wegen der tonreichen Böden im Fricktal Tradition.

Später arbeitete ich vierzig Jahre lang bei der Maschinenfabrik Jakob Müller AG in Frick. Der Firma verdanke ich nicht nur mein Zeitlupe-Abo für Pensionierte, sondern auch dass ich auf einem Betriebsausflug meine spätere Frau Hanny kennenlernte. Auf der Schifffahrt im Drei-Seen-Land verliebte ich mich auf den ersten Blick in die erst 16-Jährige. Warum ein anderer Mitarbeiter sie ebenfalls kaum aus den Augen liess, verstand ich erst später am Tag: Er war ihr Vater… Leider verbot er, dass ich Hanny heimbegleitete, obwohl mein Chevrolet bei der Rückkehr schon bereitstand. Anfangs konnten wir uns nur heimlich treffen. Hanny erzählte jeweils daheim, sie gehe mit einer Freundin spazieren.

Als junges Paar hatten wir nicht genügend Ersparnisse, um uns ein Eigenheim zu bauen. Glücklicherweise konnten wir die ehemalige Weberei meines Grossvaters übernehmen, in der einst vier Webstühle gerattert hatten. So wurde die frühere «Webi» nach unserer Heirat 1974 zum Wohnsitz für unsere Familie mit zwei Söhnen.

Ein Mann mit vielen Hobbys

Meine Hobbys spielten und spielen eine wichtige Rolle für mich. So war ich Mitglied beim Männerchor, im Kegelclub und später einige Zeit im Bocciaclub. Ich hielt verschiedene Tiere wie Pfauen, Zwerghühner, Wellen- und Nymphensittiche, Enten und einen Neufundländer Hund. Vieles hielt ich auch mit meiner Kamera fest und kann heute auf meinem Projektor mehr als sechzig Super-8-Filme von anno dazumal vorführen.

Auch flotte Autos gehörten stets zu meinem Leben. Gleich mit achtzehn Jahren machte ich die Autoprüfung und begann, für wenig Geld Gebrauchtwagen zu kaufen. Mal hielten sie nur einige Monate, mal hatte ich mehr Glück. An meinen ersten Neuwagen erinnere ich mich genau: Es war ein roter Mazda für 10‘000 Franken.

Später baute ich sogar ein eigenes Hobbyhaus mit Partyraum: Das «Chalet Acklin». Im Keller richtete ich ein kleines Museum ein, das einen schönen Überblick über verschiedene Phasen der Fricktaler Keramiktradition gibt. Seit vielen Jahren sammle ich Kunstkeramik meines ersten Arbeitgebers. Über 3000 Vasen, Schalen, Kannen und Krüge mit dem Markenzeichen des Keramikwerks, dem Storch in einem Dreieck, trug ich in Brockenhäusern und auf Märkten zusammen. Zuhause wuchs mir meine Sammlung langsam über den Kopf. Im Museum biete ich Führungen an und erzähle von früher. Sogar das Landesmuseum hat einige Stücke aus meiner Sammlung übernommen.

Im Hobbyhaus verbringe ich auch viele Stunden beim Puzzlen. Ich nehme mir stets die grossen Puzzles mit Tausend Teilen von Ravensburger vor. Über dreihundert davon habe ich zusammengesetzt, gerahmt und auch schon ausgestellt. Jeweils am ersten Januar hänge ich 24 Stück aus meiner Sammlung im Hobbyhaus auf, das ist mein Neujahrsritual.

1984 kehrte ich als junger Familienvater zum Turnen zurück und trat dem Männerturnverein bei. 2024 ist deshalb für mich ein besonderes Jahr und ich kann gleich doppelt rund feiern: Unseren fünfzigsten Hochzeitstag und vierzig Jahre beim STV Herznach. Bis heute gefällt mir am Verein, dass man nach dem Training zusammen noch «eis zieht» – oder auch zwei…

Aufgezeichnet von Annegret Honegger


  • Weitere Erinnerungen der Zeitlupe-Leserinnen und -Leser finden Sie in der Rubrik Anno dazumal.
Beitrag vom 25.01.2024

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