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Hinein in die «schönste Stadt der Welt»

Lesetipps: Wer die faszinierende Lagunenstadt erkunden möchte, kann dies auch ganz ohne die vielen Touristen tun. So in den Krimis von Donna Leon, die ihren Commissario Brunetti jetzt im 33. Fall ermitteln lässt. Es gibt aber noch mehr Bücher, die «La Serenissima» hautnah erlebbar machen.

Text: Marco Hirt

Es ist eines der beliebtesten Reiseziele in Europa: 14 Millionen Menschen sollen es jährlich sein, die Venedig sehen wollen, zu Spitzenzeiten 100’000 pro Tag. Ein Augenschein ist jedoch nicht mehr unbedingt gratis: Tagesbesuchende müssen 2024 in einer Testphase an gewissen Tagen in der Hochsaison 5 Euro Eintritt bezahlen. Und 2025 könnte ein Besuch der Lagunenstadt immer etwas kosten.

Auf den Spuren von Commissario Brunetti

So beeindruckend ein Besuch von Venedig auch ist, in die «Serenissima» lässt sich auch auf literarische Weise bestens eintauchen. Dazu bietet die Krimi-Reihe von Donna Leon regelmässig Gelegenheit. Nun erscheint der 33. Fall, in dem Commissario Brunetti zu ermitteln hat: «Feuerprobe». Diesmal stehen Kinderbanden, die sich rund um den Markusplatz breit machen und vor Gewalt nicht zurückschrecken, im Fokus der Polizei. Verwickelt darin: der Sohn einer lokalen Berühmtheit. Das bringt den Kommissar und seine Kollegin, Commissario Griffoni, auf eine Spur, welche unerwartete Zusammenhänge ans Licht bringt.

Ob für die Autorin, die seit 2020 Schweizerin ist und ihren Wohnsitz in Val Müstair GR hat, die Reise mit ihrem Guido Brunetti weitergeht? Noch ist die Zukunft offen, ein 34. Fall nicht bestätigt. Aufzuhören sei vorstellbar, wenn es ihr keine Freude mehr machen würde, diese Bücher zu schreiben, sagte die 82-Jährige letztes Jahr in einem Interview. Da hoffen die Fans natürlich sehr, dass ihr die Lust an ihren Krimis noch längst nicht vergangen ist.

Lange Zeit hat Donna Leon ja in Venedig gelebt – seit ein paar Jahren nicht mehr wegen der negativen Entwicklung durch den überbordenden Massentourismus. Eine Bleibe hat sie aber nach wie vor, um ihren Freundeskreis dann und wann zu besuchen. Trotz allem: Für sie bleibt es die «schönste Stadt der Welt». Wo es zum Glück noch Stadtteile gibt, die noch nicht so überlaufen sind, wie sie mal meinte.

Atmosphärische Einblicke

Der Stadt treu geblieben ist hingegen Petra Reski. Die deutsche Journalistin und Autorin lebt seit 1991 in Venedig – «nachdem sich ihr ein Venezianer in den Weg geworfen hat», wie es in ihrer Vita heisst. Ihr Herz hat die 66-Jährige nicht nur an ihren Ehemann verloren, sondern sie verliebte sich auch in dessen Heimatstadt. Wie es ist, dort zu leben – von Touristen überrannt, vom Hochwasser bedroht, mit gewissenlosen Politikern konfrontiert – erzählt sie anhand einer Vielzahl von amüsanten, einsichtsreichen und atmosphärischen Episoden in ihrem Buch «Als ich einmal in den Canal Grande fiel» (Droemer Taschenbuch).

Literarisch ist Italien-Kennerin Petra Reski nicht nur in Venedig verankert. Sie hat Sachbücher über die Mafia veröffentlicht wie auch eine Krimi-Trilogie über eine sizilianische Staatsanwältin. Und am 2. September erscheint ihr neuestes Werk: «All’italiana – Wie ich versuchte, Italienerin zu werden» (Droemer). Darin beschreibt sie aus nächster Nähe, was es heisst, im Sehnsuchtsland südlich von uns zu leben, so zum Beispiel mit der italienischen Bürokratie. Ein politisches Sachbuch über das Italien, wie wir es lieben – und nicht kennen.

Ein äusserst beklemmendes Bild hingegen entwirft «Acqua Alta» (Mare Verlag): Die Autorin Kristen Gleinig lässt Venedig untergehen – das jährliche Hochwasser hat die Lagunenstadt verschlungen! Wie ist es dazu gekommen, und wer trägt die Schuld? Diesen Fragen geht der Roman nach, ausgehend von drei Überlebenden mit unterschiedlichen Anschauungen: dem Stadtrat, seiner Frau und seiner Tochter.

Noch mehr Venedig für Krimi-Fans

Wer es doch lieber kriminell mag, ist mit drei weiteren Roman-Reihen bestens bedient: Ins historische Venedig des 19. Jahrhundert taucht Nicolas Remin ein. Sechs Krimis (Rowohlt Taschenbuch) hat er um Commissario Conte Alvise Tron gestrickt, der es um 1865 mit diversen Mordfällen (und Habsburgs Monarchie) zu tun bekommt. Einen Commissario in der Gegenwart hat – nebst Donna Leon – auch Daniela Gesing ins Leben gerufen: In neun Büchern (u.a. als E-Book und Maximum Verlag) lässt sie Luca Brassoni gegen das Verbrechen kämpfen. Und mit Kriminellen bekommt es im heutigen Venedig auch noch eine weitere Romanfigur zu tun – allerdings ist diese kein polizeilicher Ermittler, sondern ein britischer Ehrenkonsul. Der vom Engländer Philip Gwynne Jones erdachte Protagonist kann in vier Bänden in deutscher Übersetzung (Rowohl Taschenbuch) auf seinen Venedig-Touren begleitet werden, drei weitere Erzählungen gibt es vom Autor, der mit seiner Frau in Venedig lebt, bisher nur auf Englisch.

Gut zu wissen

Mit Donna Leon nach Venedig:

  • «Feuerprobe» von Donna Leon erscheint am 29. Mai 2024 und ist auch als Hörbuch erhältlich.
  • Die Krimi-Verfilmungen (26 sind es ingesamt) u.a. mit Uwe Kockisch als Commissario Brunetti werden oft wiederholt. Daten siehe: fernsehserien.de/donna-leon/sendetermine
  • Auf den Spuren des Kommissars wandelt Toni Sepeda mit «Brunettis Venedig» – und ist zugleich ein idealer Reiseführer. Die Autorin lebt seit Jahrzehnten vor Ort.
  • Und in «Mit Brunetti durchs Leben» sind die besten Gedanken des beliebten Commissario seit seinem ersten Einsatz vor gut 30 Jahren versammelt – ein Abc der Lebenskunst.
  • Alle Bücher sind im Diogenes-Verlag erschienen.
Beitrag vom 05.06.2024

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