«Für die Schweizer Nati koche ich immer ohne Knoblauch»
Emil Bolli (69) begann 1996, die Schweizer Nati im Ausland zu bekochen. Seit 2004 begleitet der Schwyzer sie zu jedem Turnier. Die EM 2024 ist sein Abschied.
Aufgezeichnet von Fabian Rottmeier
«Vier Stunden vor Spielbeginn essen die Spieler ihre letzte Hauptmahlzeit. Für das erste EM-Spiel gegen Ungarn muss das Mittagsbuffet also um 11 Uhr bereit sein. Neben Suppe und vier bis fünf Kilo Teigwaren bereiten ich und mein Team Reis, Quinoa, eine Tomaten- und Bolognese-Sauce, Fleisch, Fisch und viel Gemüse zu. Kohlartiges Gemüse gibt es höchstens, wenn kein Spiel ansteht.
Dass die Spieler vor einem wichtigen Einsatz nervös sind, äussert sich manchmal durch vermehrte Spezialwünsche. Ich versuche, diese zu erfüllen. Schliesslich ist Spieltag! Eine schöne Anekdote: An der EM 2016 wünschte sich ein Spieler am Match-Vorabend gebratene Pouletschenkel. Aus fünf wurden bis zum Turnierende 80 Stück, weil sich alle darauf stürzten! Die Spieler sind sehr dankbar, und ich schätze die kurzen Gespräche zwischen uns. An der EM 2024 reise ich zum letzten Mal mit – und assistiere meinem Nachfolger. Das ist schon gut so, schliesslich werde ich bald 70.
«Der Fussball ist seither physischer und laufintensiver geworden. Wir kochen heute viel energielastiger, aber auch fettarm.»
Fürs Nationalteam koche ich immer ohne Knoblauch. Nicht alle vertragen ihn. Als ich im Vorfeld der WM 2006 einem südkoreanischen Reporter davon erzählte, sah er mich ungläubig an. Heute ebenfalls schwer zu glauben: Bis 1998 servierten wir vor den Spielen ein Viergangmenü.
Der Fussball ist seither physischer und laufintensiver geworden. Wir kochen heute viel energielastiger, aber auch fettarm. Die Lebensmittel besorgen wir jeweils frisch vor Ort. Im Gepäck mit dabei habe ich meine Kochmesser, Birchermüesli-Mischungen und einige Gewürze. Letzteres aus drei Gründen: Ich kenne die Qualität, weiss, in welcher Menge ich sie beifügen muss und dass sie nicht verunreinigt sind.
Mein Gemüserisotto, den ich mit Thymian und Basilikum verfeinere, geniesst im Team einen Sonderstatus – auch dank eines Missgeschicks. In Ungarn brannte mir der Risotto einst an. Ein Kollege riet, den Beigeschmack mit Safran zu kaschieren, was erstaunlich gut gelang. Seither verehren die Spieler ihn noch mehr. Safran sei Dank.»
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