Jodelklänge für einmal nicht in der Innerschweiz, sondern in Schaffhausen: Im Kurs von Pro Senectute entdecken die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Freude am Spiel mit der Stimme und am Zusammenklingen, das zu Herzen geht. Ganz nach dem Motto: Jodeln kann jede und jeder.
Ju-o-u-lu-lü-u-o-u erinnert ein bisschen an Loriots Sketch mit der Jodelschule. Ist aber der «Schuelerbuebe-Jodel» und erklingt aus vierzehn Kehlen im Jodelkurs von Pro Senectute Schaffhausen. Vorne steht Ruth Schlatter und dirigiert. Lu statt lü? Da ist die Chorleiterin grosszügig: «Das Wichtigste beim Jodeln ist die Freude.»
Alle zwei Wochen trifft sich die Gruppe zur Probe. Sorgfältig wärmt Ruth Schlatter Körper und Kehle auf, lockert Muskeln und Stimmbänder. Ein- und ausatmen, dabei hoch auf die Zehenspitzen und wieder hinunter. Die Arme vorwärts und rückwärts kreisen lassen. Summen wie ein Bienenschwarm, damit sich der Kieferbereich entspannt. Ooaaooeeii-Töne wie Kaugummi aus dem Mund ziehen. Sich sanft abklopfen und tief seufzen. Dann stellen sich alle in der Jodlerformation auf. Schulter an Schulter erklingt der «Schuelerbuebe-Jodel»: Ju-o-u-lu-lü-u-o-u.
Hemmungen seien fehl am Platz, betont die Kursleiterin: «Jodeln kann jede und jeder.» Viele hätten jedoch noch erlebt, dass es früher in der Schule hiess: Fritzli, sing lieber nicht mit, bewege nur den Mund. Laut und falsch ist Ruth Schlatter deshalb lieber als verhalten und verschämt: «So weiss ich gleich, was wir noch üben müssen.»
Die Chorleiterin führt ihre Gruppe mit Humor, Wissen und Erfahrung. «Steht aufrecht oder sitzt vorne auf der Stuhlkante, so erreicht ihr die hohen Töne besser», rät sie. Energisch klopft sie den Takt mit dem Fuss mit, wenn der Gesang schleppt oder davongaloppiert. Verlangt es hier etwas fetziger, dort lieber besinnlich und auch mal eine Passage ganz ohne Notenblatt.
Typisch beim Jodeln ist der Wechsel von der tiefen Brust- zur hohen Kopfstimme. Dieser sogenannte Kehlkopfschlag braucht etwas Übung und fällt den Männern schwerer, weil sie die hohen Lagen selten brauchen. Jodellieder haben Strophen mit Text und einen gejodelten Refrain, beim Naturjodel singt man bloss Silben. Aber selbstverständlich gilt in der Schweiz: Die Appenzeller jodeln anders als die Muotataler, ein Zäuerli oder Ruggusseli ist nicht das Gleiche, wie wenn Toggenburger johlen oder Innerschweizer jüüzen.
Doch blosse Theorie will Ruth Schlatter nicht vermitteln, ihr ist die Praxis wichtiger. In klassischer Kirchenmusik ausgebildet, lernte die Dirigentin nach der Geburt ihres jüngsten Sohnes jodeln und fand so eine neue Berufung: «Am Jodeln fasziniert mich das Miteinander, da fliesst mein Herzblut.»
Man spürt und hört es. Die Klänge, die den nüchternen Kursraum mehrstimmig erfüllen, jagen einem Schauer über den Rücken. Jodeln berührt und geht ans Herz. So ergeht es auch den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. «Das Jodeln hat mich richtig gepackt und macht mich einfach glücklich», sagt eine Anfängerin. «Man verlässt die Probe anders, als man gekommen ist», beobachtet ein erfahrener Chorsänger. Und eine Dritte empfindet es so: «Jodeln ist Seelenfutter.»
Davon soll bald auch das Publikum kosten: Im Advent ist ein kleiner Auftritt geplant. Singen vor Zuhörerinnen und Zuhörern sei nochmals eine ganz andere Erfahrung, erklärt Ruth Schlatter: «Ihr müsst fühlen, was ihr singt, und dem Publikum eine Geschichte erzählen.» Etwa diejenige vom Buben, der in den Bergen ein Sträusschen für seine Mutter pflückt in «Dankä säge». Oder die vom Rendez-vous zweier Liebender in «Chum übers Mätteli, chum übere Haag, chum vor mys Fänschterli, säg mer Guet Tag!».
In diesen Geschichten geht es nicht um Weltbewegendes. Die Texte und Töne sind harmonisch, erzählen vielleicht von der guten alten Zeit, vom Leben im Dorf, in dem noch jeder jeden kennt. Vom Vertrauten und vom stillen Glück. Altmodisch? Ruth Schlatter zitiert einen jungen Jodler: «Angesichts der vielen Kriege und Katastrophen tut etwas heile Welt zwischendurch gut.»
Jeder Mensch kann singen – jeder Mensch kann jodeln: Der Kurs unter der Leitung von
Ruth Schlatter findet vierzehntäglich am Donnerstagnachmittag statt. Ob Anfänger, Fortgeschrittene oder ehemalige Jodlerinnen und Jodler: Alle sind herzlich willkommen. Gesungen wird vom Jodellied bis zum Naturjutz alles, was Spass macht. Die Besonderheiten des Jodelns werden mit einfachen Übungen erklärt und gleich in die Praxis umgesetzt. Auskunft bei Pro Senectute Schaffhausen, Telefon 052 634 01 30, Mail kurse@sh.prosenectute.ch, sh.prosenectute.ch
Angebote in Ihrer Nähe finden Sie bei Pro Senectute in Ihrer Region. Adressen via prosenectute.ch oder Infoline 058 591 15 15
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