Der Nationalrat will betreutes Wohnen via Ergänzungsleistungen finanzieren, um teure Heimeintritte zu vermeiden. Ein richtiger Entscheid, der gleich zur nächsten Frage führt: Was ist betreutes Wohnen?
Die Debatte zur Reform der Ergänzungsleistungen zeigte, dass Ergänzungsleistungen nicht ausreichen, um älteren Menschen, die im Alltag Unterstützung benötigen, ein Leben in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Das hat häufig zur Folge, dass Rentnerinnen und Rentner mit Ergänzungsleistungen, die Hilfe im Haushalt, bei administrativen Aufgaben oder beim Einkaufen benötigen, frühzeitig in ein Heim eintreten, weil sie sich die notwendige Unterstützung zu Hause finanziell nicht leisten können.
Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) hat diesen Missstand angepackt. Vor einem Jahr reichte sie eine Motion für eine Gesetzesänderung ein, um die Finanzierung von betreutem Wohnen über Ergänzungsleistungen zu ermöglichen. Die SGK-N hielt dabei fest, dass «ein Drittel der in Pflegeheimen lebenden Personen weniger als eine Stunde Pflege pro Tag» benötigt. Für diese Menschen sei eine finanzierbare Form des «betreuten Wohnens» eine optimale Lösung, die teure Pflegeplätze einspare.
Modell mit vier Unterstützungsstufen
Die Motion war Auslöser für eine Studie im Auftrag von Curaviva Schweiz, Senesuisse, Pro Senectute Schweiz und Spitex Schweiz, in der das Angebot des betreuten Wohnens in der Schweiz analysiert und Standards definiert wurden. Resultat ist ein Modell mit vier Unterstützungsstufen. Diese reichen von A, der höchsten Stufe, bei der Hochbetagte stationär in einem Pflegeheim mit intensiver 24-Stunden-Betreuung und Pflege wohnen, bis Stufe D, einer Wohnsituation mit wenig Unterstützungsbedarf in einer Alterswohnung oder im gewohnten Zuhause.
Und genau hier liegt die Krux der Sache. Die SGK-N beschreibt «betreutes Wohnen» in ihrer Motion als «alters- oder behindertengerechte Wohnungen», in denen Services wie Fahrdienste, Pflege und Notrufsysteme zur Verfügung stehen. Dies verkennt aber die Realität, wo und wie ältere Menschen heute wohnen. 2018 lebten gemäss Bundesamt für Gesundheit 84 Prozent der 80-Jährigen in Privathaushalten. Das bedeutet, dass die grosse Mehrheit der älteren Menschen in ganz normalen Gebäuden ohne zusätzliche Serviceleistungen lebt und eben gerade dort im höheren Alter Unterstützung benötigt.
Für Pro Senectute ist klar: Wenn die Schweiz die Kosten im Gesundheitsbereich dämpfen will, ist ein mehrstufiges Finanzierungmodell des betreuten Wohnens zwingend notwendig. An erster Stelle braucht es zusätzliche Mittel für die Alltagsunterstützung zu Hause. Die Finanzierung in einer Institution des betreuten Wohnens – häufig eigens hierfür erstellte Neu- oder Umbauten – folgt auf Platz zwei.
Pro Senectute setzt sich dafür ein, dass das Konzept des betreuten Wohnens bei der Umsetzung der Motion auch unter Einbezug der Betreuung zu Hause weiterentwickelt wird, und klärt mit einer Folgestudie, wie ein entsprechendes Finanzierungsmodell aussehen könnte. ❋
Kostenlose Broschüre «Wohnen im Alter» bestellen auf www.prosenectute.ch oder per Telefon 044 283 89 89.
Mit diesem «Aktuell» verabschiedet sich Werner Schärer nach 12 1/2 Jahren als Direktor. Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, dankt er herzlich für Ihre persönlichen Reaktionen zu seinen Beiträgen und ganz besonders für die Treue zur Zeitlupe.
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