Lesetipp: Auf der Flucht
Vera Eckhoff lebt mit ihren Pferden und Hunden allein in einem alten Bauernhaus in Norddeutschland. Eines Tages steht ihre Nichte Anne vor der Tür. Die deutsche Autorin Dörte Hansen schrieb ein Buch über Flüchtlinge einst und heute.
«Das Haus ist meins, und doch nicht meins, der nach mir kommt, nennt’s auch noch seins.» So lautet die Inschrift an der Fassade des alten, reetgedeckten Bauernhauses von Vera Eckhoff. Als fünfjähriges, ostpreussisches Flüchtlingskind wurde sie zusammen mit ihrer Mutter von dessen verwitweter Besitzerin und ihrem vom Krieg traumatisierten Sohn widerwillig darin aufgenommen. Heimisch wurden die «Polackenflüchtlinge» nie. Die Erinnerung an die Flucht über das zugefrorene Haff hinterlässt Wunden, die weder bei der Mutter noch bei der Tochter jemals heilen. Sechzig Jahre später stehen vor der Haustür wiederum Flüchtlinge: Es ist Veras Nichte Anne mit ihrem Sohn Leon, die aus dem properen Hamburg-Ottensen mit seinen perfekten Vorzeigefamilien geflüchtet sind.
Der Roman «Altes Land» von Dörte Hansen erzählt die Geschichte von einem alten Haus und von zwei Frauen, die zu einer neuen Art von Familie zusammenfinden. Ein besonderes Lesevergnügen sind die Passagen, in denen alteingesessene Landbewohner auf naturverliebte Städter treffen. Nachdenklich stimmt das Buch, wenn es der Flüchtlingsthematik nachgeht: Es ist schwierig, seinen Kindern Heimat und Geborgenheit zu vermitteln, wenn man selber nirgends Wurzeln schlagen konnte.
Dörte Hansen: Altes Land. Roman. Penguin Verlag München, 8. Auflage 2017, 287 S., Taschenbuch ca. CHF 14.80