Seit bald vier Dekaden beschäftigt sich Werner Abt mit Parfüms und Kosmetika. Vor fünf Jahren hat er sein eigenes Geschäft in Zürich eröffnet.
Text: Marc Bodmer
Wenn andere beginnen vom Ruhestand zu träumen und die letzten Vorbereitungen für die Pensionierung treffen, hat sich Werner Abt mit 56 Jahren einen lang gehegten Traum erfüllt und zusammen mit seinem Team sein ganz persönliches Parfümerie-Konzept umgesetzt.
Das Spitzenhaus, vis-à-vis vom Hauptsitz der Schweizerischen Nationalbank in Zürich, ist wohl die schönste und exklusivste Parfümerie der Schweiz und hat sich in den letzten fünf Jahren weltweit einen Namen gemacht. Darauf angesprochen strahlt Werner Abt mit dem Stolz eines Siegers, relativiert aber sogleich: «So einfach war’s natürlich nicht.»
Mit einer etwas blauäugigen Zuversicht kündigte der eidg. dipl. Drogist seinen Spitzenjob 2013 bei der renommierten Parfümerie Osswald in Zürich, die er während 17 Jahren geführt hatte. «Ich war überzeugt davon, dass – wenn es jemand schafft, eine neue Parfümerie aufzubauen – ich das sein werde.» Dies obwohl er dank seiner langjährigen Erfahrung wusste, dass der Detailhandel im Zeitalter der Online-Bestellmöglichkeiten sehr unter Druck geraten war und dass die im Ausland ansässigen Grossisten bekannte Markenparfüms an Schweizer Händler um bis zu 80 Prozent teurer verkaufen als an die Nachbarländer.
Nischenprodukte statt Gängiges
Die letzte Klippe umschiffte Werner Abt, indem er sich seit vielen Jahren auf Nischenprodukte spezialisiert hatte und nicht auf gängige Marken setzt: «In traditionellen Markenparfüms und Kosmetika, die keineswegs günstig sind, werden immer noch heikle Stoffe wie Parabene, Silikon und Mineralöle verwendet. Bei unseren Produkten achten wir auf deren Zusammensetzung, den Ursprung der Komponenten und die Nachhaltigkeit der Herstellung.»
Nach zwei Jahren Ladenlokal-Suche, immer wieder aufkeimenden Zweifeln an seiner «frivolen» Kündigung und viel Unterstützung durch seinen Lebenspartner, der die Zuversicht nie verlor, wurde Werner Abt in einem denkmalgeschützten Haus an der Zürcher Börsenstrasse fündig. Das Geschäft wurde stilgerecht eingerichtet und erfreut sich seither wachsender Beliebtheit: «Der Detailhandel lebt von persönlichen und empathischen Momenten. Ich erlebe das Gespräch mit Kundinnen und Kunden als eine Bereicherung.»
Es ist denn auch das Gespräch – aktuell auch telefonisch möglich –, das Werner Abt einem Detektiv gleich auf die Spur nach dem persönlichen Duft hilft: «Vom Moment unserer Geburt an begleiten uns Düfte», sagt der Fachmann. «Diese Eindrücke hinterlassen unauslöschbare Spuren im limbischen System, einer Funktionseinheit des Gehirns, die der Verarbeitung von Emotionen dient.» So kommt es, dass wir gewisse Gerüche mögen und andere «nicht riechen» können. Mit zu den frühesten Dufterlebnissen gehört das Gestilltwerden an der Mutterbrust. «Dabei ist man von moschusähnlichen Substanzen umgeben. Riechen wir solche später, fühlen wir uns geborgen, haben Vertrauen», erklärt Werner Abt. Natürlich funktioniert das auch umgekehrt: «Stand bei einem heftigen Streit ein Lilienstrauss im Raum, so kann dieser Duft negativ besetzt sein, weil er unerwünschte Erinnerungen weckt.»
Subtiles Zusammenspiel
Über Assoziationen zu Gewürzen, Blumen oder Gerüchen von alten Autointerieurs, Tabak und Leder setzt Werner Abt ein Geruchsmosaik zusammen, das sich in einem Parfüm widerspiegelt. Sein persönlicher Lieblingsduft «Beagle» von Fueguia trägt den Namen des Expeditionsschiffes, mit dem Robert FitzRoy 1831 die nach ihm benannte Wasserstrasse an der Spitze Südamerikas entdeckte. Das ist einer von Abts persönlichen Sehnsuchtsorten im fernen Patagonien, die er immer wieder bereiste. «Es gibt rund 400 natürliche Essenzen und inzwischen über eine Million synthetische Duftnoten. Erst die Auswahl durch den Parfümeur und ihr Zusammenspiel bringt einen charaktervollen Duft zum Tragen», sagt der Fachmann, in dessen Stimme auch nach 40 Jahren im Geschäft die Leidenschaft noch mitschwingt. «Ein guter Duft muss nicht nur angenehm riechen. Er soll inspirieren und uns mit auf eine Reise nehmen.» Da kommen wir gerne mit. ❋
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