Labrador-Mischling Mexx und Australian Shepherd Yuma trennt altersmässig fast ein Hundeleben. Sie verstehen sich trotzdem gut – und färben aufeinander ab, sagt Halterin Jeannette Burn.
Text: Fabian Rottmeier
Der Rasenmäherroboter in Jeannette Burns Garten dreht seine Runden. Das gefällt nicht allen. Mexx, ihr kräftiger Labrador-Mischling, ist stets von ihm irritiert. Denn Bellen nützt nichts. Mexx ist es sich nicht gewohnt, dass man nicht auf ihn reagiert.
Die meiste Zeit ist der neunjährige Rüde jedoch gelassen und strahlt eine stoische Ruhe aus. Gerne auch dann, wenn Familie Burns zweiter Hund, die junge Yuma, wieder mal mit ihm spielen will. Dann lässt er sich – für Jeannette Burns Geschmack viel zu oft – gefallen, die andere Hunde schon lange stinkig gemacht hätten. Doch Yuma, ein zweijähriger Mini Australian Shepherd, hat schnell dazugelernt. Wenn sie nämlich Richtung (fahrenden) Roboter rennt, genügt oft ein Blick zurück zum ruhenden Mexx, und schon gehen sie zu zweit auf Roboterjagd. Dessen zerbissene Pneus seien soeben ersetzt worden, sagt die Hausärztin aus dem solothurnischen Kappel.
Mexx und Yuma sind – vor allem optisch – ein ungleiches Paar. Er wiegt 35 Kilogramm, sie 11, er blickt eher unfreundlich und bellt gerne laut, sie ist klein, manchmal scheu, meist nervös und punktet mit flauschigem Fell. Verstanden hätten sich die beiden jedoch auf Anhieb, sagt ihre Halterin. Mexx sei ein Gentleman und lasse Yuma bei vielem den Vorrang. Einzig wenn sie mit anderen Vierbeinern spielt, wird er manchmal eifersüchtig und geht dazwischen.2020
Ohne Hund? Lieber nicht
Jeannette Burn ist teilweise mit drei Hunden gleichzeitig aufgewachsen. Dass die dreifache Mutter neben vier Katzen nun selbst zwei Hunde hat, war eigentlich nicht geplant gewesen. Als 2010 ihre damalige Hündin Joya mit 10 Jahren rasch alterte, wollte sie ihren Kindern ein plötzliches Leben ohne Hund ersparen – und holte Mexx ins Haus. Joya blühte auf und lebte trotz Arthrose noch fünf Jahre weiter. «Ich glaube, Mexx hat ihr wieder Auftrieb gegeben und ihre Lebensfreude zurückgebracht.» Grund genug, vor zwei Jahren mit Yuma ein neues Gespann zu bilden.
Sind zwei Hunde glücklicher als einer? Nicht unbedingt, sagt Jeannette Burn. Ein Hund sei dann glücklich, wenn er ausgelastet sei. «Aber natürlich ist es schön, einen Artgenossen an seiner Seite zu wissen. Hunde können untereinander anders kommunizieren als mit uns. Und sie sind nie alleine.» Gemäss Untersuchungen erleiden Menschen mit einem Hund seltener eine Altersdepression. Weshalb soll dies nicht auch für Mithunde gelten? Die Lebenserwartung der Vierbeiner hat sich innert 20 Jahren um 3 Jahre erhöht, wie Wolfs- und Hundeexpertin Elli H. Radinger in ihrem Buch «Die Weisheit alter Hunde» schreibt. Die meisten werden heute zwischen 8 und 15 Jahre alt. Mischlinge leben deutlich länger.
Vom Angsthasen zur Nervensäge
In den ersten Tagen jaulte Yuma vor Angst auf, wenn Mexx auf sie zukam, oder flüchtete unter die Polstergruppe, vor der der Labrador eine Vollbremsung reissen musste. Mittlerweile ist sie längst zu dessen Nervensäge geworden. So steht sie etwa, wenn sie spielen möchte, auf ihre Hinterbeine, um Mexx zu stupsen und ihre Vorderpfoten auf seinen Rücken zu legen. Jeannette Burns Kommentar: «Nicht umsonst sagt man, dass Australian Shepherds zu Beginn vor allem lernen müssen, ruhiger zu werden.» Zwei Hunde können da ein Vorteil sein. Wenn sie zur Arbeit gehe, würden die beiden manchmal kaum ihren Kopf heben. Auch in den ersten Nächten am neuen Ort wirke der zweite Hund beruhigend. «Man muss sich aber bewusst sein: Der Jüngere schaut beim Alten das Gute, aber auch das Schlechte ab.» Yuma lernte rasch, wo sie am Morgen im Garten ihr Geschäft zu verrichten hat – und ist auch dank Mexx etwas ruhiger geworden. Meistens. Denn leider kläfft sie öfter fremde Hunde an, wie Mexx es gerne tut (ausser der Hund ist grösser als er).
Zu den Tücken des Alt-Jung-Gespanns gehöre, dem älteren Hund gleich viel Beachtung zu schenken, sagt Jeannette Burn. Wichtig sei auch, Mexx zuerst das Futter zu geben – der Rangordnung wegen. Mexx sei fit wie ein Turnschuh, doch langsam merke man ihm das Alter trotzdem an, sagt die 53-Jährige. Wie der österreichische Biologe und Verhaltensforscher Kurt Kotrschal in seinem Buch «Hund & Mensch» festhält, verschlechtert sich jedoch das Langzeitgedächtnis mit zunehmendem Hundealter nicht. Und so rennt Mexx beim Ruf «Yana» immer noch zum Zaun am Gartenende, an das eine Wiese angrenzt, auf der früher ein Pony weidete. Mexx hat das Pony nie gekannt, sondern als Welpe bloss seine ältere Hundefreundin nachgeahmt. Die Tradition lebt nun mit Yuma weiter. Am Zaun angelangt, wissen beide nicht recht, weshalb sie eigentlich gerannt sind. Zum Glück hat der Rasenmäher bald seine Batterien aufgeladen … ❋
Das Thema interessiert Sie?
Werden Sie Abonnent/in der Zeitlupe.
Neben den Print-Ausgaben der Zeitlupe erhalten Sie Zugang zu sämtlichen Online-Inhalten von zeitlupe.ch, können sich alle Magazin-Artikel mit Hördateien vorlesen lassen und erhalten Zugang zur Online-Community «Treffpunkt».
Um diese Website optimal bereitzustellen, verwenden wir Cookies.
Mit der Nutzung dieser Website stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Erfahren Sie mehr in der
Datenschutzerklärung.