Nicht nur junge Kunstschaffende sind «zeitgenössisch»!
Mit der Ausstellung «ÜberMütter» will das St. Galler Museum im Lagerhaus das Alter wie auch Kunst von Frauen wertschätzen.
Gerade einmal 13.6 Prozent der Exponate stammen in den meistbesuchten Schweizer Kunstmuseen von Künstlerinnen. In der hiesigen Ausstellungszene herrsche in Sachen Gleichstellung Handlungsbedarf, finden die Verantwortlichen der Stiftung für schweizerische naive Kunst und art brut. Mit ihrer neuen Doppelausstellung «ÜberMütter» im St. Galler Museum im Lagerhaus mit Werken von Linda Naeff (1926-2014) und Maria Rolly (*1925) geben sie Gegensteuer.
Die Biografien der beiden Künstlerinnen zeigen auf, wie stark geschlechterstereotype gesellschaftliche und persönliche Erwartungen Künstlerinnen in ihrem Leben bedrängen und in ihrem Schaffen beschneiden. Beide verarbeiteten in ihren Bildern traumatische Erlebnisse, die sie in ihrer Kindheit und insbesondere als Frauen erlebten. Die Schicksalsschläge, die ihnen widerfuhren, formulierten sie später künstlerisch und machten sie damit sichtbar.
Künstlerisch tätig wurden beide als Autodidaktinnen und erst im fortgeschrittenen Alter, Maria Rolly mit vierzig, Linda Naeff mit 61 Jahren – in einer Welt, die ältere Frauen und weibliches Kunstschaffen oft übersieht und wenig ernst nimmt. «Alte» Künstlerinnen gelten kaum mehr als «zeitgenössisch», wenn sie nicht bereits in jüngeren Jahren berühmt wurden. «Gerade im Kunstbetrieb des 21. Jahrhunderts ist die ‘Unsichtbarkeit des Alters’ allgegenwärtig», schreibt das Museum.
Linda Naeff und Maria Rolly haben sich ihren Platz in der (Kunst)Welt trotz vieler Widerstände erkämpft. So führt die Ausstellung zu den Themen Mütterlichkeit und Mutter-Kind-Beziehungen auch vor Augen, welche Kraft und Inspiration der Kunst im Leben wie im Alter innewohnt.
«ÜberMütter»: 1. September bis 15. November 2020 im Museum im Lagerhaus in St. Gallen. www.museumimlagerhaus.ch