Leckerbissen Ziegenkäse
Ein Käse macht Karriere: In gut einem Jahrzehnt hat sich Geisskäse zu einer begehrten Delikatesse entwickelt.
Text: Gaby Labhart
Wenn er ganz jung ist, nur wenige Tage alt, wolkigweiss, mit der einmaligen ultrazarten Konsistenz, eine bleiche Beauty, aber kein Weichei, sondern mit einem frischspritzigen Hauch von Säure, delikat und leicht bekömmlich, ja, dann ist er einfach unschlagbar. Zum Fressen gut.
Diese manchmal fast ein wenig quarkähnlichen Geissenfrischkäse nennen die Franzosen schlicht «blanc». Am besten sofort geniessen, taufrisch, vielleicht mit etwas Olivenöl und einem Hauch Pfeffer aromatisieren. Klar, man kann mit diesen jungen Käslein viel mehr machen, in der kalten wie der warmen Küche. Man kann sie überbacken, mit Honig zum Dessert servieren, eine Mousse daraus zubereiten und vieles mehr, denn der Ziegenfrischkäse ist wandlungsfähig.
Wird er älter, wird er rässer. Sein Charakter wird deutlich. Es geht ihm nicht anders als uns. Jetzt polarisiert er. Echte Fans freuen sich, wenn sein intensiver Geruch fast in der Nase beisst und empfindsame Gemüter das Weite suchen. Es ist, wie so vieles, Geschmackssache.
Aber eins muss man beachten: Lagern Sie den frischen Geisskäse nie zusammen mit dem rässen. Der frische übernimmt nämlich das Aroma seines älteren Verwandten und wird dann auch rassig.
Unbestritten gilt Frankreich mit über hundert Varietäten als Alma Mater der Ziegenkäse. Aber die Schweiz ist am Aufholen. So hat sich die Produktion von reinem Ziegenkäse allein in den Jahren 2000 bis 2005 um über fünfzig Prozent gesteigert, laut Zahlen von Agroscope. Freude herrscht bei der Eidgenössischen Forschungsanstalt auch, weil sich die Ziegen «gut für die Nutzung extensiver, gebirgiger landwirtschaftlicher Flächen eignen». Kurzum: Die «Kuh des armen Mannes» braucht kein fettes Gras, um würzige Milch zu produzieren.
An der Karriere des Geisskäses sind auch innovative Käser beteiligt, wie etwa Willi Schmid in der «Städtlichäsi» in Lichtensteig SG. Er verarbeitet etwa 30000 Kilogramm pro Jahr. Im Winter allerdings gibt es keine Ziegenmilch im Toggenburg: Die Ziegen werden vom Oktober bis März nicht gemolken, da sie während dieser Zeit trächtig sind.
Wie Ziegenkäse wirkt
- Allergien: Allergische Reaktionen auf Ziegen- und Schafmilch sind sehr selten. Wenn, dann kommen sie im Mittelmeerraum vor, wo traditionell mehr Ziegenmilch und -milchprodukte genossen werden. Wer an einer Kuhmilch-Unverträglichkeit leidet, sollte Ziegenkäse in der Regel gut vertragen.
- Cholesterin: Ziegen- und auch Schafkäse enthalten weniger Cholesterin als Kuhmilchkäse. Ausserdem überwiegt das «gute» HDL-Cholesterin. Zudem wirkt sich der hohe Gehalt an Linol- und Linolensäure von Ziegenmilch günstig auf einen erhöhten Cholesterinwert aus.
- Diabetes: Da Ziegen ausgesprochene Weidetiere sind, die viel frisches Gras fressen, nehmen sie besonders viel Linolsäure auf, was günstig auf Diabetes einwirkt. Zudem enthält Ziegenmilch kaum Kohlenhydrate, ist also ein für Diabetiker geeignetes Lebensmittel.
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Verschiedene Inhaltsstoffe der Ziegenmilch verbessern die Zellregeneration, wirken Arteriosklerose entgegen, haben einen krebshemmenden Effekt. Zudem ist Käse allgemein ein guter Eiweiss- und Mineralstofflieferant, der die Herzgesundheit und den Stoffwechsel unterstützt
- Übergewicht: Ziegenkäse enthält je nach Fettstufe und Angebotsform (Frisch-, Hart- oder Weichkäse) ungefähr 180–400 Kalorien (Schnittkäse mit 50 Prozent Fett i.Tr.) sowie 12 bis 30 Gramm Fett pro 100 Gramm. Man sollte ihn daher in kleinen Mengen mit Genuss essen. Allerdings stecken in Ziegenmilch viele wertvolle Nährstoffe wie zum Beispiel die Vitamine A, B1, B2, B6, B12, D, E, Niacin, Folsäure, Pantothensäure sowie die Mineralstoffe Kalzium, Phosphor, Kalium, Chlorid, Jod und Zink
- Verdauung: Schaf- und Ziegenkäse werden oft besser vertragen als solcher aus Kuhmilch – unter anderem wegen des geringen Gehalts an schwer verdaulichem Kasein.
Sie besitzen noch kein Abonnement der Zeitlupe?
Abonnieren Sie die Zeitlupe und lesen Sie alle unsere Artikel auch online.
Ich möchte die Zeitlupe abonnieren