Wird jemand von der Sozialhilfe unterstützt, können die Behörden die finanzielle Situation der Angehörigen in auf- und absteigender Linie prüfen. Je nach Einkommen und Vermögen können diese in die Pflicht genommen werden.
Meine Eltern leben in einfachen Verhältnissen. Nun brauchen beide immer mehr Unterstützung. Meine Frage: Wer kommt für ihren Lebensunterhalt auf, wenn sie ihn nicht mehr selber finanzieren können? Stimmt es, dass die direkten Nachkommen belangt werden können? Mein Bruder ist vermögend, ich selbst habe kaum Erspartes.»
In der Schweiz gibt es gemäss Zivilgesetzbuch Art. 328 Abs. 1 die Pflicht, in finanzielle Not geratene Verwandte zu unterstützen, sollte man selber in «günstigen» Verhältnissen leben. Für die Anwendung dieses Gesetzesartikels sind die Massstäbe jedoch hoch gesetzt: Das Leben in «günstigen» Verhältnissen meint ein wohlhabendes Leben, das am Jahreseinkommen und Vermögen gemessen wird. Sprich ein Jahreseinkommen von CHF 120 000 als Einzelperson und CHF 180 000 für Verheiratete. Dieser Betrag erhöht sich, wenn noch Kinder im gleichen Haushalt leben. Vom Vermögen können Freibeträge von CHF 250 000 für Alleinstehende und CHF 500 000 für Verheiratete abgezogen werden.
Die Verwandtenunterstützungspflicht kann jedoch nur zur Anwendung kommen, wenn jemand Sozialhilfe beziehen muss. Die Sozialhilfe ist subsidiär, das bedeutet, sie wird erst ausbezahlt, wenn alle anderen möglichen Leistungen von Dritten ausgeschöpft sind. Daher kann es sein, dass eine Verwandtenunterstützung geprüft wird. Wie bereits oben erwähnt, ist die Schwelle jedoch relativ hoch. Zudem kann beispielsweise nicht von einer Tochter verlangt werden, dass sie für ihren Vater aufkommt, wenn dieser nie für sie gesorgt und nie Alimente bezahlt hat.
Steht einer Verwandtenunterstützung nichts entgegen, so muss die Sozialberaterin mit dem entsprechenden Familienmitglied über die Höhe einer Unterstützung entscheiden. Es muss gemeinsam eine Übereinkunft getroffen werden. Ist man sich nicht einig, so ist es am Sozialdienst, die Verwandtenunterstützung allenfalls vor Gericht einzufordern.
Ergänzungsleistungen
In Ihrem konkreten Fall, beziehungsweise dem Ihrer Eltern, wäre jedoch nicht die Sozialhilfe die erste Anlaufstelle, sondern die Ausgleichskasse. Es sollte geprüft werden, ob Anspruch auf Ergänzungsleistungen besteht. Die Bundesverfassung verlangt, dass die Renten von AHV oder IV das Existenzminimum decken. Reichen diese nicht aus, so besteht ein Recht auf Ergänzungsleistungen. Gerade bei einem Heimeintritt werden durch die auf einen zukommenden Ausgaben Ergänzungsleistungen häufig ein Thema.
Ergänzungsleistungen zählen zu den Sozialversicherungen wie die AHV und IV. Um den Anspruch zu ermitteln, führt das Amt für Zusatzleistungen nach erfolgter Anmeldung eine Bedarfsrechnung aus. Wer eine detailliertere Prüfung sowie allenfalls Unterstützung bei der Anmeldung sucht, ist bei der Sozialberatung von Pro Senectute am richtigen Ort. Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter kennen sich in diesem Bereich aus und wissen zudem auch, welche weiteren Optionen Seniorinnen und Senioren mit kleinem Budget zur Verfügung stehen.
Weitere Informationen:
Das Wichtigste zum Thema Ergänzungsleistungen finden Sie in der Zeitlupe vom Januar 2021.
Ergänzungsleistungs-Rechner: prosenectute.ch. Die Adresse Ihrer Pro-Senectute-Beratungsstelle finden Sie hier.
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