Zu Ehren von Nöggi, dem Stimmungsmacher
Er war Alleinunterhalter, Musiker und Zürcher Original. Nun ist Bruno Stöckli mit 78 Jahren verstorben. «I bin en Italiano», sein Hit aus dem Jahr 1981, wird bleiben. Ein Porträt aus dem Jahr 2023.
Das folgende Porträt über Nöggi ist im Februar 2023 in der Zeitlupe erschienen.
Text: Usch Vollenwyder
Nöggi nimmt die Gitarre aus dem Ständer, legt sich den Gurt um den Hals und spielt einige Akkorde. Seine Stimme schallt durch die Wohnung, als er das Züri-Lied anstimmt: «Züri, ich bi verliebt i Züri». Mühelos wechselt er zu weiteren Melodien, lässt ein Potpourri seiner grössten Hits einfliessen, spielt Blues und fängt an zu improvisieren: «Ja, hüt isch d’Zytlupe cho, d’Usch frögt de Nöggi: Was machsch eso?» Seine Augen blitzen, weit weg sind die gesundheitlichen Probleme, die ihm zu schaffen machen. Wenn er seine «Chlampfe» spiele, vergesse er alles um sich herum. Es sei, als würde ein Kippschalter umgelegt: «Dann bin ich voller Energie», sagt der kleine Mann mit der kräftigen Stimme.
«Chlampfen» nennt Nöggi seine dreizehn Gitarren. Zwei haben sogar einen Namen: Gilda und Laura. Das Banjo heisse Anita, entscheidet er spontan und wirft seiner Lebenspartnerin Anita Krähenbühl, mit der er die Wohnung am Zugersee teilt, einen schelmischen Blick zu. Wegen seiner Liebe verliess der heute 76-jährige Ur-Zürcher 2017 seine Heimatstadt. Ohnehin sei es Zeit für einen Umzug gewesen, gibt der Unterhaltungsprofi unumwunden zu. Sein langjähriger ungesunder Lebensstil, eine Hüft- und eine Magenoperation, dank der er sein Gewicht um die Hälfte reduzieren konnte, hatten seinem Körper zugesetzt. In seiner Junggesellenwohnung mit ihren drei Stockwerken hätte er nicht mehr bleiben können.
Ein altes Pfadilied machte ihn bekannt
Bis 1981 konnte Nöggi – dank eines verständnisvollen Chefs – seinen Beruf als Gipser mit seinen Auftritten als Musiker und Alleinunterhalter unter einen Hut bringen. Dann landete er seinen grössten Hit, und die Bühne wurde zu seinem neuen Arbeitsort: Mit dem alten Pfadilied «I bin en Italiano», das ursprünglich als B-Seite einer Single geplant war, kam er in die Schweizer Hitparade – zur gleichen Zeit wie die Rolling Stones und die Beatles, erzählt Nöggi stolz. In den nächsten Jahrzehnten folgten Hunderte, wenn nicht Tausende von Auftritten. Nöggi veröffentlichte ein halbes Dutzend CDs und arbeitete bei verschiedenen Radiosendern. Er trat im Schweizer Fernsehen und zusammen mit Ursula Schaeppi, Paul Bühlmann oder Walter Andreas Müller im Zürcher Bernhard Theater auf.
Der Höhepunkt seiner Karriere sind für Nöggi die grossen Bühnen-Soloprogramme zwischen 1987 und 1999, die er jedes Jahr während zwei Monaten allabendlich auf der Bühne des «Hecht» in Dübendorf aufführte. Selbst das Bühnenbild habe er mit seinen Freunden selber gemacht! Er erinnert sich an den vollen Saal – und wie er das Publikum in seinen Bann zog, es zum Mitsingen animierte und zum Lachen brachte: Er sei dankbar für die Gottesgabe, die es ihm bis heute ermögliche, Menschen zu unterhalten und glücklich zu machen.
Dann würde die Bühne kleiner
Als die Zeit der grossen Shows vorbei war, trat Nöggi in kleinerem Rahmen auf. Er spielte an Hochzeiten und Firmenjubiläen, an Geburtstagen oder Vereinsanlässen. Es machte ihm zu schaffen, dass er krankheitsbedingt immer wieder kürzertreten musste. Als Corona kam, ging es ihm wie allen freischaffenden Künstlern: Seine geplanten Auftritte wurden abgesagt. Nöggi freut sich, bekommt er jetzt wieder die eine oder andere Anfrage. Wie Ende Januar, als er mit seinen beiden Musikerfreunden Sigi und Joe die «Hörnli und Ghackets-Show» – so genannt wegen seines gleichnamigen Lieds – im Restaurant Biergarten im Zürcher Kreis 4 bestritt. Nöggi, der im Kreis 4 aufgewachsen ist, ist mit seinen damaligen Freunden bis heute eng verbunden.
Schon in der Schule und später im Turnerkränzli habe er gern den Spassmacher und Alleinunterhalter gespielt, erinnert sich Nöggi. Damals wurde aus seinem bürgerlichen Namen Bruno Stöckli Nöggi – «einfach nur Nöggi», betont der Unterhaltungskünstler. Als Jugendlicher bekam er von einem Freund eine alte Gitarre geschenkt, lernte die ersten Griffe und schrieb die ersten Songs. Es war der Beginn seiner Karriere, von der er hofft, dass sie noch lange weitergeht. So arbeitet er an einer CD mit neuen Liedern und plant eine Best-of-Sammlung: «Auch wenn mein Weg manchmal schwer war, hatte ich doch so viel Glück! Der Herrgott meinte es gut mit mir.»Nöggi legt sich seine Gilda um den Hals, schlägt einen Blues an, spielt einige Akkorde und improvisiert: «Hoffentli gahts wyter, wyter i däm Takt.» Er legt den Kopf in den Nacken und singt inbrünstig gegen die Decke und den Himmel: «O isch das toll, ich gnüsses voll.»