Mit der Tagung des Netzwerks «Gutes Alter» trat kürzlich erstmals eine Gruppe aus dem Sozialbereich an die Öffentlichkeit. Ihr Ziel ist es, die finanzielle Unterstützung von älteren Menschen zur Betreuung zu Hause in der Bundesverfassung zu verankern.
Die Demografie zwingt Politik und Gesellschaft, verschiedene Herausforderungen anzugehen. Doch wo drückt der Schuh in der Schweiz am meisten? Fabrice Ghelfi, Generaldirektor für sozialen Zusammenhalt des Kantons Waadt, zeigte dies an der Tagung des Netzwerks «Gutes Alter» unlängst an einem Beispiel eindrücklich auf: Bereits heute werden im Kanton Waadt in diversen Institutionen rund 3000 Betten für die stationäre Pflege von hochaltrigen Personen angeboten – und genutzt. Gemäss Bevölkerungsentwicklung müsste der Kanton im Jahr 2040 aber deren 6000 anbieten können.
Rahmenbedingungen verändern
Ginge man von der illusorischen Annahme aus, dass dieser Kanton die finanziellen Mittel zur Verfügung hätte, um jetzt mit der Planung zur Schaffung der benötigten Betten starten zu können, so stünde man dennoch vor der Herausforderung, dass zu wenig Baugrund vorhanden wäre. Mit anderen Worten: Es wird für den Kanton unmöglich sein, die Konsequenzen der zunehmenden Alterung der Gesellschaft mit den bestehenden Konzepten und Ressourcen zu meistern.
Ein vielversprechender Ansatz ist es, bei den Rahmenbedingungen anzufangen. Konkret bei jenen, die es erlauben, den Lebensabend in den eigenen vier Wänden zu verbringen. Grosses Potenzial hat hier ein Ausbau der Angebote für eine Betreuung zu Hause. Dies ist auch erwünscht. So zeigen die Zahlen des Bundesamts für Statistik aus dem Jahr 2020 über die sozialmedizinische Betreuung in Institutionen und zu Hause, dass die Menschen in ihren eigenen vier Wänden alt werden möchten.
Sorgenfrei daheim alt werden
Dieses Bedürfnis hat sich im Pandemiejahr 2020 verstärkt. So wurden letztes Jahr in der Schweiz fast vier Prozent weniger Menschen in Alters und Pflegeheimen betreut als im Jahr 2010. Im gleichen Zeitraum nahm hingegen die Nachfrage nach Unterstützung durch Betreuung und durch Pflegeleistungen gegenüber 2019 um 6,7 Prozent zu. Dies deckt sich mit den Erkenntnissen von Pro Senectute.
So benötigen 42 Prozent der über 62Jährigen gemäss einer Studie von Pro Senectute mindestens eine Form von Betreuung – wie Unterstützung im Alltag oder den Besuchsdienst –, um möglichst selbstständig in den eigenen vier Wänden verbleiben zu können. Diese Betreuungsleistungen zahlen sich gesellschaftlich wie persönlich aus. Denn viele Eintritte in Alters oder Pflegeheime könnten dank bedarfsgerechter Betreuung daheim nicht nur hinausgezögert, sondern sogar vermieden werden. Doch dafür braucht es auch den Willen der Politik, nach Lösungen zu suchen, um Betreuungsleistungen für alle älteren Menschen finanzierbar zu machen. Denn diese werden im Gegensatz zu pflegerischen Leistungen nicht von der Krankenkasse getragen.
Eine Forderung, die auch an der eingangs erwähnten Tagung gestellt wurde. Hier verfolgt das Netzwerk «Gutes Alter» nun die Idee einer Volksinitiative. Ob dieses grosse und wichtige Vorhaben gelingen wird, wird sich weisen. Dass etwas passieren muss, darüber sind sich aber alle einig.
Betreuung zu Hause: Bedarf und Kosten
Was braucht es, damit Seniorinnen und Senioren möglichst lange glücklich in den eigenen vier Wänden leben können? Eine Studie im Auftrag von Pro Senectute Schweiz weist erstmals den Betreuungsbedarf sowie die Kosten einer angemessenen Betreuung zu Hause aus: www.prosenectute.ch/studien
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