Die Hatt-Bucher-Stiftung lädt zu den jährlichen Konzerten im Zürcher Fraumünster ein. Christina Wagner-Hatt ist Vizepräsidentin der Stiftung, die ältere Menschen pragmatisch, konkret und unkompliziert unterstützt.
Text: Usch Vollenwyder, Foto: Sonja Ruckstuhl
Es war der Wunsch von Lou Hatt-Bucher, dass ihre Patentochter Christina das Vizepräsidium der von ihr gegründeten Hatt-Bucher-Stiftung übernehmen würde. «Selbstverständlich habe ich die Aufgabe angenommen – da brauchte ich gar nicht lange nachzudenken», sagt Christina Wagner-Hatt. Seit zwanzig Jahren leitet sie die Stiftung zusammen mit dem Anwalt und Freund der Familie, Dr. Hans Nater. Dieser sei mehr für die Finanzen, sie eher für das Menschliche zuständig, ergänzt die Tochter des letzten Patrons der grossen Zürcher Bauunternehmung Heinrich Hatt-Haller AG: «Mitgefühl für Menschen, denen es schlechter geht, wurde mir von meinen Eltern eingepflanzt.»
Viermal im Jahr schlüpft Christina Wagner-Hatt in die Rolle des Christkinds – immer dann, wenn sie die von der Geschäftsstelle vorbereiteten Gesuche zugunsten von alten Menschen mit knappen finanziellen Mitteln bewilligt: für Hörgeräte, Brillen und Zahnsanierungen, für Kleider und Schuhe, Reinigungs- undUmzugskosten, für Reisen, Ausflüge oder Ferienaufenthalte, für den Besuch von Veranstaltungen und Kursen oder auch einfach für ein zusätzliches «Taschengeld». Ein offenes Ohr hat Christina Wagner-Hatt besonders für Tierbesitzerinnen und -besitzer in Not. Sie weiss, wie schnell die Haltung von Haustieren – ein unvorhergesehener Tierarztbesuch, ein teures Medikament oder Spezialfutter – ein ohnehin knappes Budget zusätzlich belasten kann.
Als Vizepräsidentin der Stiftung hat sie selber auch schon Projekte initiiert, die ihr als Tierfreundin ein ganz besonderes Anliegen sind, zum Beispiel den Einsatz von Therapiehunden in Demenzheimen: «Es ist ein wunderbares Gefühl, einen Hund zu streicheln. Hunde bringen so viel Gutes – auch zu den Menschen, die in einer anderen Welt leben.»
Nie einen «verwöhnten Fratz» genannt worden
Seit jeher gehören Tiere zum Alltag von Christina Wagner-Hatt. Während sie davon erzählt, streichelt sie Golden Retriever Bear, der sich an seine zweibeinige Freundin kuschelt. Ihr 2003 verstorbener Vater, den sie bis heute schmerzlich vermisst, war in seiner Freizeit ein passionierter Jäger. Manchmal durften ihn seine Frau und die beiden Töchter in den Wald begleiten. Dann wurde eine Wurst gebraten und der Vater hielt Ausschau nach dem Tier, das es zu erlegen galt – entweder weil es krank war oder weil man den Bestand regulieren musste. Ein Bild bleibt Tochter Christina unvergessen: «Im grünen Lodenmantel ging mein Vater vor uns her, einen Stumpen im Mund, den Hut auf dem Kopf, die Flinte über der Schulter, und neben ihm sein Dackel.»
Das Wort «reich» habe für sie und ihre Familie nicht existiert. Und nie habe sie jemand einen «verwöhnten Fratz» genannt, erzählt Christina Wagner-Hatt. Dabei war ihr Vater Rolf der jüngste Sohn und Miterbe des Firmengründers Heinrich Hatt-Haller. Zusammen mit seinen beiden älteren Brüdern führte er das Bauunternehmen nach dessen Tod weiter. Da sich innerhalb der Familie keine Nachfolge abzeichnete, wurde die Firma 1982 verkauft. Seine Tochter ist überzeugt, dass sie genug Durchsetzungskraft gehabt hätte, um das Familienerbe weiterzuführen. Aber es seien damals andere Zeiten gewesen: «Auch mein Vater hat wohl nicht in Erwägung gezogen, dass eventuell ich als Tochter studieren und später in seine Fussstapfen treten könnte.»
Stattdessen machte Christina Wagner-Hatt die Ausbildung zur Medizinischen Praxisassistentin MPA. Sie arbeitete zwanzig Jahre lang in ihrem Beruf, bevor sie schliesslich die eidgenössische Matura nachholte. Gern hätte sie Kriminologie studiert – doch dafür wäre ein Familienumzug nach Lausanne unumgänglich gewesen. Stattdessen belegte sie einige Semester Jura, bevor sie noch einmal ein Fernstudium in Kriminologie versuchte, diesmal in England und per Computer. Mit ihrem schottischen Tutor musste sie zweimal pro Woche telefonieren. «Ich habe ihn nicht verstanden, das war hoffnungslos», lacht sie. «Stattdessen schaue ich jetzt Gerichtskrimis auf Netflix, die zusätzlich die neusten Aufklärungsmethoden präsentieren. Das finde ich hochspannend.»
Persönlich
Christina Wagner-Hatt (geboren 1948) lebt zusammen mit ihrem Mann Ivan und Golden Retriever Bear in Zürich. Sie hat zwei erwachsene Töchter und drei Enkelkinder. Als Vizepräsidentin der Hatt-Bucher-Stiftung versucht sie, deren familiären Charakter beizubehalten: Nah an den Menschen hilft sie pragmatisch, konkret und unkompliziert. Die Einzelfallhilfe-Gesuche müssen durch Pro Senectute oder eine andere Beratungsstelle bei der Geschäftsstelle der Hatt-Bucher-Stiftung eingereicht werden.
Fraumünster-Konzerte
«Not lindern und Freude bereiten» lautet das Motto der Hatt-Bucher-Stiftung. Seit ihrer Gründung vor zwanzig Jahren wurden 12 000 Gesuche bewilligt und über 42 Millionen Franken ausgegeben. An den diesjährigen Konzerten im Zürcher Fraumünster am 4. Dezember spielt das Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchester unter der Leitung von Johannes Schlaefli Werke von Mozart, Beethoven und Rossini. Die Eintrittskarten werden von der Zeitlupe verlost (siehe Talon).
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