Roger Federers Grundstückkauf in Rapperswil-Jona hat die Frage wieder in den Fokus gerückt: Sind nicht nur die Seen, sondern auch deren Ufer öffentliches Gebiet?
DAFÜR
Victor von Wartburg Präsident und Gründer des 2003 initiierten Vereins Rives Publiques
Aufgrund gültiger Gesetze ist die Antwort: Ja, wie Berge und Wälder! Gemäss Artikel 664 Abs 2 ZGB: «… besteht unter Vorbehalt anderweitigen Nachweises kein Privateigentum an den öffentlichen Gewässern …» Im Art. 1, Abs. 2 des ZGB wird der Richter aufgefordert, bei Gesetzeslücken selbst wie ein Gesetzgeber zu entscheiden. Entsprechend entschied das Bundesgericht 2001, betreffend den Art. 664 ZGB, bezüglich eines Falls am Genfersee:
1. «Die öffentlichen Gewässer und ihr Bett bilden eine unzertrennliche Einheit. Die Grenze der öffentlichen Gewässer trennt das zu den öffentlichen Sachen gehörende Seebett vom Boden ab, welcher im Privateigentum steht.» (Anm: Das Ufergebiet des Seebetts gehört zu den öffentlichen Sachen und muss der Bevölkerung frei zugänglich sein.)
2. «Weder die auf die Vermessung bezogenen Angaben (Anm.: etwa im Grundbuch) noch das Bestehen auf dem Seebett von gültig bewilligten Bauten entlang des Sees bilden genügende Beweise im Sinne von Art. 664 Abs. 2 ZGB.»
Zudem verlangt der Art. 3 Abs. 2 lit. c des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes, «dass die Landschaft zu schonen ist; insbesondere sollen See- und Flussufer frei gehalten und deren öffentlicher Zugang und Begehung erleichtert werden».Durch kantonale Initiativen geben wir der Schweizer Bevölkerung die Gelegenheit, dafür abzustimmen, dass die Behörden die illegal privatisierten Schweizer Gewässerufer der Bevölkerung zurückgeben müssen: Etwa 50 Prozent der Schweizer Seeufer werden von weniger als rund 0,005 Prozent der Bevölkerung illegal verriegelt. Das muss ein Ende nehmen. ❋
DAGEGEN
Peter Vollenweider Präsident des Vereins FAiR – Für eine Aufwertung des Zürichseeufers im Recht, Unternehmensberater und Zürcher FDP-Kantonsrat
Die Fluss- und Seeufer sollen der Bevölkerung grundsätzlich zugänglich sein. Am Zürichsee ist das der Fall. Gut zwei Fünftel stehen allen offen: zum Baden, zum Flanieren, um ein Boot zu besteigen.
Wer sich an die «Turnachkinder» erinnert, weiss, dass Städter den Sommer am See verbrachten. Sie kauften sumpfiges Land auf, welches einen niedrigen landwirtschaftlichen Nutzen aufwies. Eine erste Aufwertung erfuhr das Gelände mit der Entwässerung. Die neuen Grundeigentümer sorgten dafür, dass die Ufer während Jahrzehnten gepflegt wurden und die Erosionsmauern intakt blieben. Seither prägen Landhäuser mit schönen Gärten das Landschaftsbild. Nicht selten wurden Schilfbestände und damit Nistplätze erhalten.
Beim Bau der Seestrasse am rechten Ufer mussten die Landeigentümer Boden abtreten. Zur Kompensation durften sie dem Ufer entlang Aufschüttungen vornehmen. Dieses sogenannten Konzessionsland, das vor 1990 entstand, ist ins Eigentum der Hausbesitzer übergegangen.
Der Verein FAiR (für eine Aufwertung im Recht) tritt für eine Aufwertung der öffentlich zugänglichen Uferabschnitte ein, wie es zum Beispiel bei der Umnutzung des Geländes der ehemaligen chemischen Fabrik in Uetikon der Fall ist. Einen durchgehenden Seeuferweg, der mit Enteignungen der Grundeigentümer verbunden wäre oder intakte natürliche Bestockung zerstören würde, lehnen wir ab. So steht es auch im Gesetz. Wir gewichten die Eigentumsgarantie in der Verfassung sowie Anliegen des Natur- und Landschaftsschutzes höher als den Wunsch, den See dem Wasser entlang zu Fuss umrunden zu können. ❋
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