Den missklingenden Namen, der um die Welt ging, hat der Kohlrabi nun wirklich nicht verdient – es steckt so viel Gutes und Zartes darin.
Text: Anita Lehmeier
Der Kohlrabi ist ein Kuriosum, in mancherlei Hinsicht. Da ist einmal sein Name, der an die unheimlichen, düsteren Vögel denken lässt, die wir als Unheilsbringerinnen aus Märchen kennen. Oder an Kohle, den fossilen Brennstoff, mit dem wir unserem Klima übel einheizen. Dabei ist der Kohlrabi rein farblich gesehen von heiterer Art: Sein zartes, weissliches Hellgrün erinnert an den milchig-matten Ton von Absinth; die grüne Fee, die milden Taumel und Rausch verheisst. Auch wenn seine wachsige Haut mal kräftig grün, rötlich oder violett leuchtet, die Sorten Blauer Speck, Azurstar, Olivia oder Wiener Blaues Glas heissen – innen schimmert er immer hellgrün.
Sympathischer Sonderling
Kohlrabi ist auch in seiner botanischen Verwandtschaft ein Sonderling. Anders als andere Kohlgemüse kommt er nicht in umhüllenden Blättern gewandet daher und macht keinen Kopf, sondern einen dicken Hals: Die Knolle ist nämlich die runde Verdickung des Stängels. Richtig besehen, handelt es sich um eine Kohlrübe, die, anstatt ihre Kraft tief in die Erde zu stecken (wie das ihre Verwandten, die Steckrüben, tun), über der Erde zu einer Kugel anschwillt. Auch die Herkunft des Kohlrabi ist schleierhaft, er taucht in Mitteleuropa erstmals im 16. Jahrhundert in Pflanzendarstellungen auf. Zur Bekanntheit in Küche und Garten gelangte die Knolle erst dreihundert Jahre später. Seither gilt sie als typisch deutsches Gewächs. Ihr Name lautet in etlichen Sprachen gleich oder ähnlich. In Englisch, Russisch, Japanisch, Schwedisch, Ungarisch, Armenisch, Katalanisch oder Ukrainisch.
Und noch eine Besonderheit: Anders als bei vielen Kohlarten ist der Geschmack süsslich, mild, nussig. Die darin enthaltenen Apfel- und Zitronensäuren verleihen ihm das fein fruchtige Aroma. Der Effekt: Selbst «schnäderfrässige» Kinder lassen sich Kohlrabi schmecken. Die matchentscheidenden Gemeinsamkeiten zum Kohl: Beide geizen bei den Kalorien. Dafür zeigen sie sich umso grosszügiger mit Vitaminen und Nährstoffen wie Kalium, Kalzium, Magnesium und Selen. Davon gibt’s die geballte Ladung im Kohlrabi. Die Blätter sind zudem wahre Vitaminbomben: Vom C ist doppelt so viel drin wie in der Knolle. Die Blätter an den langen Stängeln, die wie eine grüne Krone den Kopf überragen, lassen sich wie Spinat gut blanchieren. Also beim Kauf darauf achten, dass die Krone noch drauf ist.
Am Blattwerk lässt sich auch die Frische am besten ablesen, bei Lagerung welkt das Grün nämlich zuerst. Die Haltbarkeit von Kohlrabi lässt sich verlängern, wenn man ihn in ein feuchtes Tuch wickelt und das Grün entfernt, es entzieht der Knolle Wasser. Generell sind kleine Knollen mit glatter, rissfreier Haut zarter als grosse. Als Faustregel gilt: Je grösser die Knolle, desto holziger ihr Herz.
Schmackhaftes Multitalent
Die stärkste Trumpfkarte des Kohlrabi ist seine Vielseitigkeit in der Zubereitung. Er lässt einfach alles mit sich machen: dämpfen, dünsten, grillen, glasieren, rösten, schmoren, frittieren, panieren, pürieren, passieren, pickeln, dörren, füllen, raspeln oder auch einfach anbeissen. Im Rohzustand bleiben nämlich die meisten der gesunden Inhaltsstoffe erhalten. Geschmacklich harmoniert er bestens mit Äpfeln und Rüebli oder mit Gewürzkräutern wie Kerbel, Dill, Estragon, Peterli und Schnittlauch. Wie beim Spargel, dem anderen sehnlich erwarteten Frühlingsgruss aus dem Feld, sind Butter, Rahm und Käse perfekte Partner.
Vorspeise für 4 Personen (Rezept: Annina Ciocco) glutenfrei, lakosefrei und vegetarisch
Zutaten:
4 TL Sonnenblumenkerne
4 EL Kürbiskerne
¼ Zwiebel
2 EL Zitronensaft
2 EL Aceto balsamico bianco
6 EL Olivenöl
Salz; Pfeffer
600 g Kohlrabi
400 g säuerliche Äpfel, z. B. Greenstar
So geht’s:
Kerne in einer Bratpfanne ohne Fett rösten, bis sie leicht Farbe annehmen. Auskühlen lassen. Zwiebel hacken und mit Zitronensaft, Balsamico und Olivenöl mischen. Sauce mit Salz und Pfeffer würzen.
Kohlrabi schälen und in dünne Scheiben hobeln. Apfel weder schälen noch entkernen – ebenfalls in dünne Scheiben hobeln. Mit den Kohlrabischeiben rosettenartig anrichten. Mit der Sauce und den Kernen servieren.
Zubereitung: ca. 25 Minuten
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