Trans Kinder brauchen ein unterstützendes Umfeld. Die Grosseltern können dazu einen wichtigen Beitrag leisten.
«Unsere 16-jährige Enkelin Lea hat uns kürzlich offenbart, dass sie transsexuell sei. Sie möchte, dass wir sie ab sofort mit Leo ansprechen und auch wie einen Jungen behandeln. Ich finde das sehrverwirrend und weiss nicht so recht, wie ich mich verhalten soll. Trotzdem möchte ich den Kontakt auf keinen Fall verlieren. Was soll ich tun?»
Schön, dass Sie die Beziehung trotz Ihrer Verwirrung aufrechterhalten möchten. Damit sind Sie auf dem richtigen Weg. Dass Sie sich zurzeit etwas hilflos fühlen, ist normal. Ihr Enkel hat Sie schliesslich mit etwas Unerwartetem konfrontiert, das Sie vielleicht noch nicht richtig einordnen können. Gehen Sie davon aus, dass Leo diese Gefühle der Verunsicherung ebenfalls durchgemacht hat. Er hat sich bloss schon ein bisschen länger mit der Situation auseinandergesetzt als Sie selbst.
Vermutlich werden Sie jetzt viele Fragen haben. Die muss Ihnen nicht unbedingt Ihr Enkel beantworten, Sie können sich auch selbst informieren. Bei Transgender Network Switzerland (TGNS) gibt es Anlaufstellen für Familien, für Schulen, für Arbeitgeber, für die Betroffenen selbst. Angehörige können sich in einer Gesprächsgruppe austauschen oder eine Broschüre bestellen, die die wichtigsten Aspekte auf verständliche Art und Weise erklärt. Führen Sie sich vor Augen, dass Leo noch immer derselbe Mensch ist, den Sie kennen und lieben, auch wenn Sie jetzt wissen, dass er ein Junge ist.
Zeigen Sie ihm, dass er nicht allein ist
Vielleicht schauen Sie sich gemeinsam mit ihm auf SRF Play die Dokumentation «Nennt mich Soraya» an, für die ein Filmteam eine betroffene Jugendliche und deren Familie sechs Jahre lang begleitet hat. Auch auf Youtube gibt es Berichte von trans Menschen, die andere an ihren Erfahrungen teilhaben lassen. Fragen Sie Leo, wie Sie ihn am besten unterstützen können. Die meisten Jugendlichen wünschen sich in erster Linie, dass man sie mit dem richtigen Namen anspricht und die korrekten Pronomen benutzt.
Das ist allerdings leichter gesagt als getan. Schliesslich kannten Sie Leo 16 Jahre lang als Lea, da entschlüpft Ihnen schon mal das falsche Pronomen oder der alte Name. Was für Leo zählt, ist jedoch nicht, dass Sie keinen Fehler machen, sondern dass Sie sich Mühe geben. Vielleicht legen Sie sich auch eine Regenbogenflagge zu oder tragen einen Trans-Pin am Revers. Solche Zeichen helfen Leo, sich gesehen und unterstützt zu fühlen. Sie zeigen ihm damit, dass er nicht allein ist.
Wenn Ihnen das alles immer noch zu verwirrend vorkommt, fragen Sie sich, was Ihnen die Begriffe weiblich und männlich eigentlich bedeuten und warum es Ihnen so wichtig ist, welches Geschlecht Ihr Enkelkind hat. Viele Menschen haben darauf keine klaren Antworten, doch der Denkprozess, der durch diese Fragen angestossen wird, kann einiges in Bewegung setzen. Führen Sie sich vor Augen, dass das, was Sie unter Männlichkeit verstehen, nicht dasselbe sein muss, was Leo unter Männlichkeit versteht. Und dass Leo auch nicht dazu verpflichtet ist, Ihr Bild von Männlichkeit zu erfüllen. Das Wohlergehen von trans Kindern ist sehr davon abhängig, dass sie sich in ihrem Umfeld aufgehoben fühlen. Sie als Grosseltern können dazu einen wichtigen Beitrag leisten.
Das Transgender Network Switzerland vermittelt neben einer Vielzahl von Informationen zum Thema auch Kontakte zu Beratungsstellen in Ihrer Nähe, Tel. 031 372 33 44, tgns.ch.
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