LEDs und Sparlampen bieten viele Vorteile, deren Wirkung auf Körper und Seele ist jedoch umstritten. Deshalb wird gefordert, dass die Lampen überarbeitet werden – und stärker auf unsere Gesundheit Rücksicht nehmen.
Text: Roland Grüter
Ein Fingertipp – und es wird Licht. Vor 142 Jahren erfand Thomas Alva Edison die Glühbirne. Seither – sieht man einmal vom Kerzenschimmer ab – sind Menschen nicht länger von natürlichem Sonnenlicht abhängig, sie können selbst in tiefster Nacht wirken, was der modernen Welt Produktivität und Reichtum beschert hat. Mit allen Vor- und Nachteilen.
Wo künstliches Licht ist, da ist auch Schatten. Insbesondere moderne Lampen, allen voran LEDs und Sparleuchten, bieten oft schlechtere, unausgewogene Lichtqualitäten und belasten damit sogar unsere Gesundheit. Denn das Strahlenmeer beeinflusst viele Körperfunktionen – künstliche Lichtquellen nehmen darauf in der Regel zu wenig Rücksicht. Mit Blick auf den Energieverbrauch wurde deren Spektralbereich beschnitten. Manche bringen zudem ein Übermass an Blautönen mit, was unseren Augen zusetzt und den Schlaf-Wach-Rhythmus durcheinanderbringt. Entsprechend fordern Experten, dass Beleuchtungen der Zukunft nicht nur effizienter, sondern auch biologisch verträglicher werden. «Die Beleuchtungsindustrie muss neue Standards anstreben: solche, die das Tageslicht vorgibt», sagt beispielsweise Dr. Dieter Kunz, Chefarzt an der Klink für Schlaf- und Chronomedizin im St.-Hedwig-Krankenhaus in Berlin. Er erforscht seit Jahren Fragen, wie sich Tages- und auch Kunstlicht auf den Körper auswirken. Und attestiert gängigem Kunstlicht nur ungenügende Noten.
Komplexer Sehvorgang
Zwar ist die Wechselwirkung zwischen Licht und Gesundheit noch nicht vollends erforscht, denn der Sehvorgang ist höchst komplex. Dass Licht direkten Einfluss auf unsere Gesundheit nimmt, ist aber unbestritten. Licht hellt unsere Stimmung auf und steuert unsere innere Uhr. Darüber hinaus beeinflusst es die Zusammensetzung des Blutes, stärkt oder schwächt das Immunsystem oder reguliert den Wasserhaushalt, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch die lange Historie der Rachitis zeigt, wie abhängig wir vom Licht sind. In der Medizin werden aktuell sogar die Zusammenhänge mit diversen Krebsarten erforscht. Denn in Ländern, in denen mehr Sonnenlicht auf Betroffene wirkt, ist offenbar die Überlebensrate höher. Licht soll überdies den Stoffwechsel einzelner Zellgruppen anregen oder mindern. Kennt man die entsprechenden Mechanismen, könnte man daraus neue Therapieformen ableiten. Medikamente liessen sich sodann zielgerichteter und sparsamer einsetzen, wodurch die Nebenwirkungen kleiner werden. Im Gegenzug behindert künstliche Beleuchtung die natürliche Produktion des «Schlafhormons» Melatonin, vor allem wenn diese in der Nacht genutzt wird. Dadurch wird bei Frauen die Produktion des Hormons Östrogen gedrosselt, was das Risiko auf Brustkrebs erhöht. Alles Fingerzeige, dass (Kunst-)Licht weit mehr bieten sollte als technische Funktionalität.
Entsprechend dringlich ist es, die Qualität der Lampen zu verbessern. Zumal wir alle ein Volk von Stuben- und Bürohockern sind. Wie unlängst Fachleute errechnet haben, verbringen Menschen hierzulande rund 90 Prozent ihres Daseins hinter dicken Mauern – also in Kunstlicht. Zudem versäumen es Architekten seit Jahrzehnten, ausreichend Tageslicht in unsere Wohnungen zu leiten, was den Missstand verstärkt. Deshalb hat die dänische Metropole Kopenhagen vor Jahren ein Gesetz erlassen, das bei Neubauten den Mindestanteil der Tageslichtnutzung vorschreibt. Die Stadtverantwortlichen wollen dadurch den Energieverbrauch, aber gleichzeitig auch die gesundheitliche Qualität des Sonnenlichtes nutzen.
Kluge Produzenten von Lampen und Leuchten richten sich bereits auf die Forderungen der Kritiker aus. Sie arbeiten längst mit Licht-Spezialistinnen und -Spezialisten zusammen, um die Wirkung der Strahlen besser zu erfassen. Das erklärte Ziel: vollspektrale Leuchten, die das gesamte Lichtspektrum des natürlichen Sonnenlichtes abdecken und auch jene Wellenlängen umfassen, die wir mit unseren Augen erst gar nicht wahrnehmen. Vollspektrumlampen, wie sie vereinzelt bereits im Handel zu finden sind, sollen zum Standard werden.
Raus an die Sonne
Bis die Zukunft darauf ausgerichtet ist, bleibt uns nur eines: möglichst viel natürliches Tageslicht zu tanken, insbesondere an trüben Wintertagen. Denn an wolkenlosen Sommertagen fördern bis zu 100 000 Lux unser Wohlbefinden. Im Winter sind es bei bedecktem Himmel nur um die 3500 Lux – die Lichtmenge in Gebäuden und bei künstlichem Licht ist sogar noch kleiner. Ein guter Grund also, sich warm anzuziehen und an der Sonne neue Energie zu sammeln.
Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann teilen Sie ihn doch mit anderen oder schreiben Sie uns Ihre Meinung ins Kommentarfeld. Wir würden uns freuen.
Das Thema interessiert Sie?
Werden Sie Abonnent/in der Zeitlupe.
Neben den Print-Ausgaben der Zeitlupe erhalten Sie Zugang zu sämtlichen Online-Inhalten von zeitlupe.ch, können sich alle Magazin-Artikel mit Hördateien vorlesen lassen und erhalten Zugang zur Online-Community «Treffpunkt».
Um diese Website optimal bereitzustellen, verwenden wir Cookies.
Mit der Nutzung dieser Website stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Erfahren Sie mehr in der
Datenschutzerklärung.