Kulturtipps Juni/Juli 2022
Neun spannende Kulturtipps aus den Bereichen Film, Literatur, und Kunst – für Sie ausgewählt von der Zeitlupe-Redaktion.
Wenn das Leben vertrocknet
Der preisgekrönte bolivianische Film «Utama» zeigt eine aussergewöhnliche Liebesgeschichte.
Das Wasser zu besorgen, ist die Aufgabe von Sisa, während ihr Mann Virginio sich um die Lama-Herde kümmert. Doch es wird immer schwieriger im Hoch- land Boliviens, Wasser zu finden. Der Brunnen im Nachbardorf ist versiegt, also bleibt nur noch der Weg zum immer seichteren Fluss. Zusammen mit weiteren Dorfbewohnern macht sich Virginio auf, ein Opfer den Göttern darzubieten, die Regen bringen. «Utama» ist eine aussergewöhnliche Liebesgeschichte eines seit vielen Jahren verheirateten Paars in einer so schönen wie kargen Landschaft.
«Utama» von Alejandro Loayza Grisi mit José Calcina und Luisa Quispe, Trigon-Film, ab 23. Juni in den Kinos, trigon-film.org
Das Geheimnis der Unsterblichkeit
Manche Tiere beweisen Einsteins Relativitätstheorie und altern rückwärts.
Die Legende des Jungbrunnens, der ewiges Leben verspricht, begleitet die Menschheit seit Jahrhunderten. In der hochmodernen Welt von heute werden Milliarden in die Forschung gesteckt, um unser irdisches Dasein zu verlängern. Die Vorstellung des Nichtalterns lässt Menschen bizarre Dinge machen. Davon und vor allem was die Tierwelt der «Krone der Schöpfung» voraushat, schreibt Molekularbiologe Nicklas Brendborg in seinem informativen Buch.
Nicklas Brendborg, «Quallen altern rückwärts», 304 Seiten, Eichborn Verlag, CHF 34.90, luebbe.de
Familiensache
Wie eine Zürcher Familie das Kunsthandwerk revolutionierte.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte die Familie Zanolli in ihrem gleichnamigen Atelier eine schier unglaublich schöpferische Kraft in der Seidenstadt an der Limmat. Ihre Arbeiten, denen das Zürcher Museum für Gestaltung eine Ausstellung widmet, ermöglicht einen umfassenden Einblick in die Techniken und Bedingungen sowie den Zeitgeschmack der damaligen Epoche. Neben opulent bestickten Kissen finden sich mit Brandmalerei verzierte Lederetuis und farbenprächtige Glasperlenarbeiten. Der Vielfalt scheinen keine Grenzen gesetzt.
«Atelier Zanolli: Stoffe, Mode, Kunsthandwerk – 1905–1939», bis 4. September, Museum für Gestaltung, Toni Areal, Zürich, museum-gestaltung.ch
Hier gibt’s viel zu sehen
Das Château de Prangins bietet mehr als einen herrlichen Gemüsegarten.
Ein Ausflug ins einzige Nationalmuseum der Romandie lohnt sich aus verschiedenen Gründen: Da ist einerseits der gepflegte Gemüsegarten zu bewundern.
Wer sich lieber im Innern aufhält, kann andererseits in der Ausstellung «Ovid im Jura» über eine aussergewöhnliche Tapete aus dem 18. Jahrhundert staunen. Das 15 Meter lange Prunkstück wurde auf einem Bauernhof im Berner Jura gefunden. Wie kam sie dort hin? Im Château de Prangins erfahren Sie mehr.
«Ovid im Jura – Die erstaunliche Geschichte einer Tapete», Château de Prangins, Schweizerisches Nationalmuseum, Avenue Général Guiguer 3, Prangins, chateaudeprangins.ch
Gametipp
Flinke Finger und Reaktionen braucht es fürs Handy-Game «Subway Surfers» (Android/ iOS), das zum 10. Geburtstag aufgefrischt wurde.
Ausgeraubt und des Mordes verdächtigt
Im neuen Krimi von Silvia Götschi geht es hoch zu und her.
Die vermögende Witwe Merlinde Vonlanthen scheint das Unglück gepachtet zu haben. Zuerst wird sie auf einer Kreuzfahrt ausgeraubt, dann wenig später zu Hause erneut überfallen. Als ihr Bodyguard ermordet wird, gerät sie unter Tatverdacht. Das ruft das Detektivpaar Maximilian von Wirth und Federica Hardegger auf den Plan. Auf deren Suche nach der Wahrheit tun sich menschliche Abgründe auf, und für spannende Unterhaltung ist gesorgt.
Silvia Götschi, «Tod an der Goldküste», 352 Seiten, Emons Verlag, CHF 23.90, emons-verlag.de
Na dann – Prost!
Kelche, Karaffen und andere wunderschöne Trinkgefässe laden zum visuellen Genuss.
Pappbecher und Papierservietten an einer Party sind heute gang und gäbe. Solcherlei wäre vor 300 Jahren – nicht nur aus technischen Gründen – undenkbar gewesen. Damals wurde der gemeinsame Genuss gefeiert, und dazu gehörten auch entsprechende Trinkgefässe wie über den Tisch fahrende Segelschiffe, aus denen der Wein strömte. In einer Sonderausstellung zeigt das Historische Museum Basel in der Barfüsser-Kirche über 150 Silbergefässe aus einer der bedeutendsten Privatsammlungen Europas erstmals der Öffentlichkeit. Zur Ausstellung erscheint ein reich bebildertes Buch.
«Schöner trinken – Barockes Silber aus einer Basler Sammlung», Barfüsser-Kirche, Barfüsserplatz 7, Basel, bis 31. Januar 2023, hmb.ch
«Schöner trinken – Barockes Silber aus einer Basler Sammlung», Hrsg. Historisches Museum Basel, 380 Seiten, Christoph Merian Verlag, CHF 63.90
Wie ein Visionär sich durchsetze
Wie aus dem Verkehrshaus der Schweiz ein Museum wurde, das keines ist.
In der Schweiz wird es Menschen, die aus der Reihe tanzen, nicht immer einfach gemacht. Als das Verkehrshaus der Schweiz 1959 eröffnet wurde, bezweifelten viele, dass es erfolgreich sein würde. Doch schon nach dem ersten Jahr war es das meistbesuchte Museum des Landes. Trudi von Fellenberg-Bitzi hat die Biografie des visionären Autodidakten Alfred Waldis geschrieben.
Trudi von Fellenberg-Bitzi, «Alles was rollt, schwimmt und fliegt», 250 Seiten, NZZ Libro, CHF 44.—
Menschen mit Lebenserfahrung
Die Wohlfühl-Filmkomödie «Maison de retraite» zeigt ein etwas anderes Altersheim.
Milann leistet anstelle einer Haftstrafe widerwillig dreihundert Stunden Sozialdienst in einem Altersheim. Seine desinteressierte Art stösst nicht auf Gegenliebe. Besonders der ehemalige Boxer Lino macht dem Neuling das Leben schwer. Doch über die Zeit nähern sich ausgerechnet die beiden sich an und helfen einander aus. Dabei entdecken sie düstere Machenschaften der Altersheimleitung. Das französische Feel-Good-Movie nach Hollywood-Muster hat Tennisstar Stan Wawrinka koproduziert.
«Maison de Retraite» von Thomas Gilou mit Gérard Dépardieu und Kev Adams, ab 16. Juni im Kino
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