Auf unerwünschte Waren im Korb beim Online-Shopping, verführerische Angebote in Mobile-Games oder irreführende Wegleitungen trifft man täglich im Internet. Diese Tricks haben einen Namen: Dark Patterns.
Kennen Sie das? Ihre Lieblingssängerin gibt nächstens ein Konzert. Sie gehen online, wählen die Sitzplätze und legen die Karten in den Warenkorb. Doch dieser ist nicht leer. Dort wartet schon ein Ticketschutz (inklusive Prämie für die Versicherung) für den Fall, dass Sie krank werden oder sonst etwas Unerwartetes dazwischenkommen sollte. In diesem Fall würden Sie das Geld zurück erhalten. Dass dieser Ticketschutz für knapp CHF 10.– ungefragt im Waren korb bereit liegt, erachten die einen als praktisch, die anderen als Frechheit. Oder: Wollten Sie auch schon ein Kundenmagazin kündigen, fanden aber keinen Link dazu auf der Website? Viel mehr findet man sich in einem kafkaesken Verwirrspiel. Wie ein Detektiv sucht man nach Hinweisen, wie sich das Abo kündigen lässt, doch man wird nirgends fündig.
Dem nicht bestellten Ticketschutz und dem erfolglosen Abmeldungs-Hürdenlauf ist eines gemein: Sie vertreten nicht das Interesse der Kundinnen und Kunden, sondern die des Anbieters. Solche Tricks nennt man Dark Patterns.
Dark Patterns sind eine Abart von «persuasive design», was so viel wie überzeugendes Design heisst. Das klingt weniger düster, zielt aber auf die gleichen menschlichen Grundbedürfnisse: Wir brauchen Sicherheit; mögen es, gelobt zu werden; wollen Teil einer sozia len Gruppe sein usw.
Dieses Design ist neutral betrachtet nicht schlecht. Mit Hilfe von «persuasive design» lassen sich Menschen von ihrer Smart Watch motivieren, mehr Sport zu treiben. Oder werden dank einer vorprogrammierten SMS an einen Arzttermin erinnert. Beliebt ist auf Websites auch, die Wahlmöglichkeiten schlank zu halten. Durch die begrenzten Optionen werden Sie schneller durch die Plattform geführt und kommen hoffentlich zum richtigen Ziel. Wenn diese «Hilfen» aber eingesetzt werden, um den Nutzenden zu schaden und die Anbieter dabei unterstützen, ihr Geschäftsziel zu erreichen, dann spricht man eben von Dark Pattern.
Ein Gefühl des Ausgeliefertseins
Dark Patterns sind weit verbreitet. Man findet sie auf Websites von namhaften Firmen und insbesondere in Handy Games, die kostenlos heruntergeladen werden und ihr Geld mit sogenannten Mikro-Transaktionen machen.
In vielen Mobile Games frustrieren Algorithmen gezielt die Spielenden, um sie zum Griff zum Portemonnaie zu verleiten. Manche Game-Studios führen die Spielenden sogar ganz bewusst an der Nase herum. Doch gegen solche Machenschaften wächst weltweit der Widerstand. Im März dieses Jahres hat die US-Bundeshandelskommission FTC das Studio Epic Games, das hinter dem populären Game «Fortnite» steht, mit 245 Millionen Dollar gebüsst, weil die Game-Produzenten klar der Intuition widersprechende und irreführende Bedienungselemente eingesetzt hatten, um die Spielenden wiederholt zu Käufen zu verleiten.
Doch statt gegen solche unsauberen Methoden anzukämpfen, sind viele Menschen, die sich online bewegen, resigniert, wie eine neue Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften zeigt. Dort heisst es: «Ältere Personen bewegen sich zwar vorsichtiger durch das Internet als jüngere, oftmals fehlen ihnen aber Fähigkeiten, sich den Dark Patterns zu widersetzen. So wissen sie nicht, dass sie ein gesetztes Häkchen, beispielsweise bei einer in den Warenkorb gelegten, unnötigen Zusatzversicherung, einfach wieder entfernen können. Auch detaillierte CookieEinstellungen finden viele zu komplex, so dass sie lieber alle Cookies akzeptieren.» Und Marcus Zimmer, Leiter der Studie «Differenzierte Wirkung von Dark Patterns», ergänzt: «So entsteht bei älteren Personen ein Gefühl des Ausgeliefertseins. Bei jüngeren Personen ist es hingegen Bequemlichkeit und mangelnde Motivation, sich mit den eigenen digitalen Rechten auseinanderzusetzen.»
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