Leben, als gäbe es kein Morgen, oder doch lieber sparen?
Wie verhält es sich mit der Vorsorge? Werde ich im Alter genug zum Leben haben? Falls Zweifel bestehen, lohnt es sich spätestens ab 50 Jahren, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Mit der 2. Säule und der gebundenen Säule 3a hat der Staat steuerliche Anreize geschaffen.
Nennen wir sie Eva. Sie ist um die 51 und zeigt sich im Gespräch erstaunt über einen jüngeren Berufskollegen, der bereits mit 30 über zwei 3a-Konti verfügt. Und sie? Nein, sie habe kein gebundenes Konto 3a. Sie möchte das verdiente Geld ausgeben, obschon ihr Lebenswandel darauf hindeutet, dass genügend Sparpotenzial vorhanden wäre. Und im Alter? «Keine Ahnung», sagt sie, «in der Schweiz lässt man niemanden verhungern.»
Recht hat sie: Wer im Pensionsalter zu wenig Geld hat zum Überleben, hat Anspruch auf Ergänzungsleistungen (EL). Verhungern muss man nicht. Grosse Sprünge wird man aber mit EL nicht machen können. So oder so sollte man keine Hemmungen haben, solche zu beantragen. Niemand sagt Merci, wenn man darauf verzichtet. Bei Organisationen wie Pro Senectute kann man sich beraten lassen.
Viele Unbekannte
Es dürfte eine Minderheit sein, die wie Eva denkt. Die Mehrheit macht sich ab 50 Gedanken darüber, ob wohl fürs Alter genügend vorgesorgt ist. Manche gehen zu einem Finanzplaner und lassen sich vorrechnen, mit wie viel man in etwa rechnen kann. Aber auch die von Finanzprofis gemachten Schätzungen basieren auf vielen Unbekannten. Hinzu kommt, dass man die wichtigste aller Fragen eh nur selber beantworten kann, wenn überhaupt: Wie viel brauche ich nach der Pensionierung?
Einfacher ist die Frage, mit wie viel man in etwa rechnen kann. Die AHV wird auf Anfrage die Rente anhand der bisher bekannten Daten vorausberechnen können. Das entsprechende Formular «Antrag für eine Rentenvorausberechnung» findet man z. B. im Internet bei den kantonalen Ausgleichskassen. Und bei der Pensionskasse, der 2. Säule, ist auf dem jährlich versandten Versicherungsausweis detailliert aufgeführt, wie hoch Rente und Kapital ausfallen dürften. Die Addition der beiden Renten ergibt das geschätzte Renteneinkommen.
Weniger Steuern, mehr sparen
Was tun, wenn zwischen Budget und geschätztem Renteneinkommen eine Lücke klafft? Für solche Fälle hat der Gesetzgeber steuerliche Anreize geschaffen, etwa das Konto 3a: Bis 7056 Franken darf man jährlich ins Konto 3a einzahlen und vom steuerbaren Einkommen in Abzug bringen. Das gilt für Personen, die bei einer Pensionskasse versichert sind. Sonst beträgt der steuerlich maximale Abzug 20 Prozent des Reineinkommens, maximal 35 280 Franken im Jahr.
Sinnvoll sind auch Einkäufe in die Pensionskasse, sofern man über eine verfügt. Bedingung: Es gibt noch Einkaufslücken. Die Höhe dieser Lücken steht auf dem Versicherungsausweis. Auch solche Einkäufe können in der Steuererklärung geltend gemacht werden. Zudem winken im Alter höhere Leistungen. Das sind zwei Fliegen auf einen Schlag.
Nachträgliche Einkäufe
Apropos Säule 3a: Vielleicht wird es in naher Zukunft möglich sein, nachträgliche Einkäufe in die Säule 3a zu tätigen, was bisher nicht vorgesehen war. Dies gilt für Personen, die in vergangenen Jahren keine Beiträge oder nur Teilbeträge in die gebundene Selbstvorsorge einzahlen konnten. Die Vernehmlassung zur Änderung der entsprechenden Verordnung ist Anfang März abgeschlossen worden. Noch ist offen, wie die Bedingungen sein werden.
Sind die steuerbegünstigten Möglichkeiten der 2. und der 3. Säule ausgeschöpft, ist guter Rat teuer, buchstäblich. Banken, Versicherungen und andere Finanzberater werden ungehemmt Vorschläge unterbreiten. Wer auf Nummer sicher gehen will, schliesst eine Rentenversicherung ab: Man überweist der Versicherungsgesellschaft Geld, und sie garantiert eine lebenslängliche Rente. Aber Vorsicht: So schreibt das VZ-Vermögenszentrum auf seiner Website: «Leibrenten lohnen sich selten.» Ein gutes Geschäft seien sie nur für die Versicherer und für die Policenverkäufer.
Ob sich etwas lohnt oder nicht, beurteilen Finanzplaner anhand der Rendite. Deshalb empfehlen sie lieber Auszahlungspläne. Hier sind aber die Auszahlungen im Unterschied zur Leibrente zeitlich beschränkt. Irgendeinmal ist Schluss. Ausserdem können im Alter mitunter unbegründete Existenzängste auftreten. Vor diesem Hintergrund können auch schlecht rentierende Lösungen mit einer garantierten Rente eine sinnvolle Alternative sein. Das Wohlbefinden ist wichtiger als die Rendite.
Ergänzungsleistungen der AHV
In der Schweiz ist gemäss Bundesamt für Statistik etwa jede fünfte Person über 65 Jahre armutsgefährdet oder lebt in Armut. Besonders in Tieflohnbranchen reicht die Altersrente nicht aus, selbst wenn man zeitlebens voll gearbeitet hat.
Wenn Renten aus AHV und beruflicher Vorsorge die minimalen Lebenskosten nicht oder nur knapp decken, besteht ein Anspruch auf Ergänzungsleistungen (EL). EL sollen AHV- und IV-Rentenberechtigten ein angemessenes Mindesteinkommen sichern. Sie sind eine Versicherungsleistung der AHV, keine Sozialhilfe und auch keine Almosen, wie viele meinen.
Studien zeigen, dass in der Schweiz weit weniger Menschen EL beziehen, als eigentlich berechtigt wären. Gründe für diesen Nichtbezug sind fehlende Informationen, Scham oder das Nachweisverfahren, bei dem man den Behörden die finanzielle Situation offenzulegen hat.
Um Ergänzungsleistungen zur AHV zu erhalten, stellen Sie einen Antrag an die kantonale EL-Stelle. Hilfsorganisationen wie Pro Senectute unterstützen Sie gerne.
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