Wir holen alles nach, Kapitel 3 Von Martina Borger
Ellen hat sich eine kurze Bedenkzeit erbeten, wenigstens eine Nacht müsse sie darüber schlafen. Obwohl sie vom ersten Moment an gewusst hat, dass sie zusagen wird. Es ist einfach zu viel Geld, dass die Poschmann ihr bietet.
Sie wird zwölfhundert Euro bekommen für die beiden Wochen, in denen sie Elvis von Montag bis Freitag betreut, von halb neun bis halb sechs. Das ergibt, sie hat es sofort im Kopf ausgerechnet, einen Stundenlohn von etwa dreizehn Euro. Für eine Arbeit, die eigentlich keine ist. Einen Achtjährigen zu beschäftigen wird ihr nicht schwerfallen. Und Elvis ist kein schwieriges Kind, so viel kann sie nach einem knappen halben Jahr Bekanntschaft sagen.
Natürlich kennt sie ihn noch nicht besonders gut. Bisher kommt er zweimal wöchentlich zur Nachhilfe, montags und donnerstags, von vier Uhr nachmittags bis halb sechs. Er ist immer pünktlich und grüsst höflich, wenn auch mit schüchtern gesenktem Blick, bevor er Ellen ins Wohnzimmer folgt und seine Schulsachen auf den Tisch packt.
Während des Unterrichts antwortet er auf ihre Fragen oft zögernd und unsicher, er scheint nicht viel Vertrauen in seine Fähigkeiten zu haben. Dabei ist er intelligent, er versteht Zusammenhänge schnell, aber seine Konzentration hält nicht lange an. Wenn sie nebeneinandersitzen, über das Mathebuch oder ein Übungsblatt zur Rechtschreibung gebeugt, schweifen seine Augen ab, das hat sie schon des Öfteren bemerkt. Er guckt dann zum Fenster oder zum Bücherregal, ist in Gedanken ganz woanders, sie kennt das von Benedikt früher, der sich auch regelmässig wegträumte aus einer quälend langweiligen Realität, Vitus war da ganz anders, schon von klein auf lebte er immer ganz im Hier und Jetzt. Und ebenso wie Benedikt ist auch Elvis, das hat sie schon bemerkt, ein sensibles, mitfühlendes und freundliches Kind, ungewöhnlich ruhig und nachdenklich für sein Alter. Dass sie ihn von ihren Schülern am liebsten mag, hat ihr die Entscheidung erleichtert, zwei ganze Wochen mit ihm zu verbringen.
Auch an seinen Namen hat sie sich inzwischen gewöhnt. Als seine Mutter ihn zum ersten Mal nannte, dachte Ellen, es sei ein Spitzname oder ein Scherz. Der zierliche Junge mit den schmalen Gliedern, dem weichen, noch kindlichen Gesicht und den vielen hellen Haaren hatte so gar keine Ähnlichkeit mit dem wilden Rock ’n’ Roller mit der dunklen Haartolle und dem sexy Hüftschwung, es war fast zum Lachen. Als Teenager war sie ein grosser Fan von Elvis Presley gewesen, die allererste Single, die sie sich von ihrem lange gesparten Taschengeld gekauft hatte, war Devil in Disguise, sie musste damals vierzehn oder fünfzehn gewesen sein, es war ihr gleich beim ersten Gespräch mit der Poschmann wieder eingefallen, der Song war ihr dann tagelang nicht mehr aus dem Kopf gegangen, sie hatte sich mehrmals dabei ertappt, wie sie ihn vor sich hinsummte oder trällerte, sie konnte den Text noch auswendig, nach über fünfzig Jahren.
Jetzt sitzt sie mit der Poschmann in ihrer Küche und bespricht die Modalitäten. Ellen hat sie heute Morgen angerufen und zu sich eingeladen oder vielmehr gebeten, wäre fünf Uhr in Ordnung? Sie werde pünktlich sein, hatte die Poschmann versprochen, und das war sie auch.
Einmal war sie schon in Ellens Wohnung gewesen, als sie Elvis zur ersten Nachhilfestunde brachte. Ellen hat bei all ihren Schülern zur Bedingung gemacht, dass sie sie zu Hause unterrichtet. Weder möchte sie durch die halbe Stadt fahren noch das Privatleben fremder Familien kennenlernen, deren Kaffee trinken und auf deren Klos gehen. Und schon gar nicht möchte sie herumschleichende Mütter um sich herum, die sich ungebeten einmischen.
«Am besten geben Sie mir Ihre Rechnung, ich leite sie dann gleich an meinen ehemaligen Mann weiter«, sagt die Poschmann gerade. »Ich könnte Ihnen auch schon am Montag einen ersten Teil in bar geben, wenn Sie möchten.»
«Das ist nicht so eilig», sagt Ellen, «aber danke.»
Sie hat das Geld längst schon verplant. Wenn sie im Herbst für eine Woche nach Skagen zu Benedikt und Freja und Valerie fährt, wird sie noch einen Tag und eine Nacht in Kopenhagen dranhängen und sich die Stadt ansehen, in der sie noch nie war. Und ein Bahnticket zu Vitus nach Köln müsste auch noch drin sein, vielleicht zu seinem Geburtstag Ende November, ein Samstag diesmal. Und beim nächsten Essen mit Henry wird endlich mal sie die Rechnung übernehmen. Obwohl er es vermutlich nicht zulassen wird.
Seine Weigerung, sie wenigstens ihren Anteil bezahlen zu lassen, hat, das weiss sie, nichts mit ihrer persönlichen finanziell angespannten Situation zu tun, es ist keine Herablassung, er tut das bei jeder Frau, da ist er ganz old school. Vielleicht ist es besser, wenn sie zu Hause für ihn kocht. Die gefüllten Ravioli, die er letztes Jahr bei ihr gegessen und sehr gelobt hat? Und ein
richtig guter Rotwein dazu?
Trotz dieser Phantasien und der Vorfreude darauf trauert sie doch auch noch ein bisschen den letzten beiden freien Wochen hinterher, auf die sie sich monatelang gefreut hat. Sie hatte Pläne, Miri wollte für eine Woche kommen. Sie hatten sich am Telefon schon ausgemalt, wie sie morgens im Bademantel mit ihrem Kaffee auf dem Sofa lottern, später spazieren und in den Biergarten gehen würden und nachts auf dem Balkon reden bis in die Puppen.
Tage mit Miri sind ein andauernder Gedankenaustausch, mit niemandem sonst kann Ellen so mühelos und ungebremst über buchstäblich alles sprechen, Miri ist der ihr vertrauteste Mensch. Immer schon gewesen, auch zu Zeiten von Jock. Und umgekehrt.
Seit Miri in Jena lebt, telefonieren sie regelmässig, manchmal stundenlang, aber es ist natürlich nicht dasselbe. Die zusammen verbrachte Zeit ist kostbar geworden. Sie wird Miri fragen, ob sie nicht an einem Wochenende kommen kann, zwei Tage sind besser als nichts.
Sie denkt an die Stapel von ungelesenen Büchern, die noch auf sie warten, Kirsten hat ihr erst letzte Woche ein grosses Paket mit Leseexemplaren von Neuerscheinungen zum Stammtisch mitgebracht. Zum Lesen wird sie mit Elvis vermutlich nicht viel kommen. Und sie hat auch noch eine lange Liste mit
Filmen und Serien, die sie längst sehen wollte. Seit Henry ihr zu Weihnachten ein Streaming-Abo für ein Jahr geschenkt hat, sieht sie weniger alte Filme als neue Serien, Samstagnacht manchmal bis zum Morgengrauen, sie kann ja am Sonntag ausschlafen. Aber all das kann sie nachholen, die Wochenenden bleiben ihr ja noch. Und abends, wenn Elvis nach Hause gegangen ist, hat sie auch noch ein paar Stunden. Auf ihre Siesta mittags wird sie verzichten müssen, sie will den Jungen ja nicht vor dem Fernseher oder dem Computer parken.
Vor Lanzarote hat er zwei Wochen lang einen Segelkurs am Starnberger See gemacht, hat die Poschmann erzählt, sie hatte leider nicht so viel Urlaub. Und dass es jedes Jahr anstrengend sei, ein Programm für die langen Sommerferien zusammenzustellen. Ellen hat in ihrer Kindheit mit ihrer Schwester und zwei Kusinen fast die ganzen Ferien bei den Grosseltern verbracht, sie erinnert sich an endlose heisse Tage, sie waren fast die ganze Zeit im Freien gewesen, hatten im Fluss gebadet, an dem man von einer Weide ins Wasser springen konnte, hatten Blaubeeren gesammelt, jeden Abend verglichen, wer mehr Mückenstiche hatte, und sich ab und zu fürchterlich gestritten.
In einem Sommer hatte ihr Grossvater ihnen in seiner Keller-Werkstatt Stelzen gebaut, am Anfang war es schwer gewesen, aber am Ende der Ferien konnten sie alle vier damit Treppen steigen, auch noch im Rhythmus von Kinderliedern.
«Wenn ich es schaffe, hole ich ihn abends bei Ihnen ab», sagt Elvis’ Mutter gerade. «Oder mein Partner. Falls nicht, schicken Sie ihn einfach um halb sechs nach Hause. Soll er seine Schulsachen mitbringen?»
Ellen stellt zwei Gläser und eine Karaffe mit Wasser auf den Küchentisch. Sie hat der Poschmann einen Tee angeboten, aber die hat abgelehnt, sie will dieses Gespräch offenbar zügig hinter sich bringen, eine gewisse Unruhe ist ihr deutlich anzumerken.
«Nein, er hat ja Ferien. Aber Schwimmsachen wären gut. Und feste Schuhe, falls er so was hat. Ich würde mit ihm gerne eine längere Wanderung machen, wenn er mag.»
Die Poschmann zückt ihr Handy und ruft die Notizfunktion auf. «Er hat Bergstiefel, die geb ich ihm mit.»
«Wunderbar.»
«Er hat sie erst einmal getragen. Er hat ehrlich gesagt nicht so viel Lust auf Wandern. Aber vielleicht schaffen Sie es ja?»
«Einen Versuch ist es wert.»
Sie wird ihn auf keinen Fall zu etwas überreden oder gar zwingen. Bestimmt war er nicht gerade begeistert, zwei Wochen mit seiner alten Nachhilfelehrerin verbringen zu müssen anstatt mit seinem Vater, sie will versuchen, es für ihn so schön wie möglich zu machen. Natürlich fallen einige Unternehmungen von vornherein weg, Fussballspielen kann sie nicht mit ihm oder auf Bäume klettern.
«Er ist nicht so wahnsinnig sportlich», sagt seine Mutter, als habe sie Ellens Gedanken gelesen. Sie hat die Notizen schnell in ihr Handy getippt und nimmt jetzt einen Schluck Wasser. «Ich hab ihn vor zwei Jahren in einem Fussballverein angemeldet, aber er war nur dreimal beim Training, er fand es schrecklich.»
Dann fällt vermutlich die Besichtigung des Stadions, die als Ausflugsziel auf Ellens Liste steht, weg. Auch gut, das Ganze würde für sie beide dreissig Euro kosten, ohne Verpflegung. «Aber ins Kino geht er gerne?» Auch nicht gerade ein preiswertes Vergnügen, aber wenigstens hat auch sie daran Spass.
«Das liebt er», sagt die Poschmann. Und dann, als habe sie erneut Ellens Gedanken gelesen, «natürlich bezahlen wir den Eintritt zusätzlich, auch für Sie. Und eventuelle Fahrtkosten.»
«Das ist nicht nötig.» Ellen will nicht den Eindruck erwecken, dass sie die Notlage der Frau ausnutzt. Wenn sie sich am Montag oder Dienstag einen Film anschauen, ist es günstiger. «Wirklich keinen Tee?»
«Nein, vielen Dank.» Die Poschmann schaltet die Notizfunktion aus. «Wir wollen noch essen gehen nachher. Wir haben dann auch so weit alles besprochen?»
«Ich denke schon. Obwohl, apropos Essen … ich ernähre mich vegetarisch. Vielleicht bereiten Sie Elvis schon mal darauf vor, dass er bei mir weder Fleisch noch Wurst bekommt. Er kann sich aber natürlich gerne etwas mitbringen, wenn er möchte, ich bin da nicht dogmatisch.»
«Das ist kein Problem», die Poschmann verstaut das Handy in ihrer Handtasche. «Wir versuchen auch, nicht so viel Fleisch zu essen. Also nicht öfter als zwei-, dreimal die Woche.»
Sie lächelt etwas gezwungen. Ellen versteht, wie unangenehm ihr dieses Gespräch sein muss, sie ist die Bittstellerin, die Unterlegene, trotz der grosszügigen Bezahlung. Sie muss Ellen gegenüber dankbar sein, zuvorkommend, sie kann keine Forderungen stellen. Sicher hätte sie diese Unterhaltung lieber in ihren eigenen vier Wänden geführt, auf vertrautem Terrain. Aber das eine Mal, in dem Ellen in der Poschmann-Wohnung war, hat sie sich nicht sonderlich wohl gefühlt.
Sie hatte Elvis nach Hause gebracht, nach einem Besuch im Kindertheater im April, zu dem sie alle ihre Nachhilfeschüler eingeladen hatte. Die Poschmann hatte sie hereingebeten, fast schon genötigt, ihr ausgiebig gedankt und ihr ein Glas Wein aufgedrängt, in ihrer wirklich schönen grossen Küche. Sie hatten eine halbe Stunde etwas gezwungen geplaudert, über das Theaterstück, über Elvis’ Fortschritte in der Schule, sogar über das seit Tagen regnerische Wetter. Der Lebensgefährte hatte sich für eine Weile dazugesetzt, ein etwas unscheinbarer Mann Ende dreissig. Ellen war er nicht sonderlich sympathisch gewesen, er hatte etwas Angespanntes, Verbissenes an sich, und er musterte das Glas Wein in ihrer Hand mit scheelem Blick, so als gönne er es ihr nicht. Zu der Unterhaltung hatte er kaum etwas beigetragen.
Bevor die Poschmann vorhin gekommen ist, hat Ellen extra noch gründlich gelüftet, nichts schlimmer als Alte-Leute-Geruch, den die Verursacher meist nicht mal bemerken. Sie hat auch die Zimmer einer schnellen Inspektion unterzogen, sie mit den Augen einer Fremden gemustert. Und sich gleichzeitig über sich selbst geärgert, sie muss dieser Frau gar nichts beweisen. Aber so eitel ist sie doch, dass es ihr wichtig ist, welchen Eindruck ihre Wohnung erweckt.
Als Benedikt und Vitus praktisch zeitgleich aus dem Haus gingen und sie diese Wohnung mietete, hat sie sich räumlich um fast die Hälfte verkleinert. Sie musste etliche Möbel abstossen, notgedrungen. Bene wollte nur das breite Metallbett, das Jock und sie während ihrer Hochzeitsreise in der Provence entdeckt hatten und für dessen Transport mehr als der Kaufpreis draufging, aber Vitus hat vieles gerne genommen, den Kirschholzschrank von Ellens Eltern zum Beispiel, das einzige schöne über den Krieg gerettete Stück. Früher hat sie darin die Bettwäsche aufbewahrt, heute genügt ihr dafür eine Schublade der Schlafzimmerkommode, so oft hat sie keinen Übernachtungsbesuch.
Sie hat Vitus nach und nach auch Teppiche gegeben, einen Korbsessel, zwei Stühle, Geschirr und Besteck, sie hatte viel zu viel davon. Auch jetzt umgibt sie sich noch mit zu viel Unnötigem. In den Schränken im Keller lagern noch nie benutzte Raclette-Grills, Fondue-Sets und Joghurt-Maschinen, bergeweise alte Comics der Kinder, eine Kiste mit schönen Stoffen, denen sie, vor allem auf Urlaubsreisen, nicht widerstehen konnte und die als Vorhänge in Häusern und Wohnungen hingen. Sobald sie sie sieht, hat sie Bilder vor Augen, die im sommerlichen Luftzug wehenden Gardinen des Schlafzimmers im Chiemgau bei Jocks Eltern, eine Überdecke auf Vitus’ Bett, als er ein Teenager war und ganze Nachmittage mit seinen Freunden auf dem Bett verbrachte, die Decke war danach eine verkrumpelte Wurst am Fussende. Sie hatte sich vorgenommen, aus all den Stoffen einen Quilt zu nähen, ganz traditionell mit der Hand, sie hat sogar eines trüben Winternachmittags die Kiste mit den Stoffen rauf in die Wohnung geschleppt, dann aber hat sie der Mut verlassen und auch die Lust, es gibt so vieles, was sie lieber tut.
Sie hat bergeweise Bücher aussortiert und nur die behalten, an denen ihr wirklich etwas liegt, die sie noch einmal lesen will. Sie ahnt allerdings, dass es dazu nicht kommen wird, es gibt zu viele Neuerscheinungen, mit denen ihre ehemaligen Kolleginnen sie zuverlässig beliefern.
Ob im Hause Poschmann viel gelesen wird? Damals, bei ihrem kurzen Blick in das Wohnzimmer, hat Ellen einen riesigen Flachbildfernseher gesehen, doppelt so gross wie ihr eigener, aber nur ein einziges Regal mit Büchern, hauptsächlich Taschenbuchausgaben, aber immerhin, sie sahen gelesen aus. Und jede Menge Zeitschriften natürlich, dicke Hochglanzmagazine von der Sorte, die Ellen ab und zu im Supermarkt durchblättert, das vordere Drittel besteht fast ausschliesslich aus Anzeigen.
«Dann will ich Sie nicht weiter stören.» Die Poschmann wirft, vermeintlich unauffällig, einen Blick auf ihre Armbanduhr, zum vierten Mal während der halben Stunde, die sie in Ellens Küche sitzt.
«Wir können ja auch telefonieren, falls es Fragen oder Probleme gibt.» Sie steht schon auf, hängt sich die Tasche über die Schulter. «Ach ja, eins noch …»
«Ja?» Ellen steht ebenfalls auf.
«Können wir … wollen wir uns nicht beim Vornamen nennen? Also siezen schon, aber … irgendwie ist Frau Poschmann und Frau Wildner so steif. Ich heisse Sina.»
Ellen ist einen Moment überrumpelt, aber die Frau hat ja recht. Und zum Teufel mit den spiessigen Benimmregeln, die so eine Frage nur ihr erlauben würden als der Älteren.
«Gerne. » Sie hält der Poschmann – also jetzt Sina – die Hand hin, die die ergreift und drückt, ihre Hand ist trotz der Hitze draussen kalt und etwas feucht, sie hat vermutlich Durchblutungsstörungen. Als Ellen die Wohnungstür hinter Sina Poschmann schliesst und sie noch die Treppe hinunterstöckeln hört, plant sie den Rest ihres Tages. Sie wird erst den Hund füttern, dann mit ihm noch eine kleine Runde laufen, sich dann ein kaltes Abendessen machen, Brot, Käse, Obst, zum Kochen hat sie heute keine Lust, ausserdem will sie mit ihrer kostbaren Freizeit haushalten. Und dann wird sie den neuen Roman des Österreichers anfangen, er erscheint erst im September, aber Kirsten hat ihr gestern im Laden ein Vorabexemplar zugesteckt, weil sie weiss, wie sehr Ellen ihn mag. Sie ahnt schon, dass sie damit nicht vor Mitternacht aufhören und das Aufstehen um drei ihr dann schwerfallen wird, aber das ist ihr egal. Was wäre ihr Leben ohne solche kleinen Freuden.
Was bisher geschah:
Kapitel 1
Kapitel 2
Martina Borger
Wurde 1956 geboren und arbeitete als Journalistin, Dramaturgin und Filmkritikerin, bevor sie sich aufs Drehbuchschreiben verlegte. Sie hat bei mehreren Serien als Storylinerin und Chef-Autorin gearbeitet. Gemeinsam mit Maria Elisabeth Straub veröffentlichte sie 2001 ihren ersten Roman «Katzenzungen», dem «Kleine Schwester» (2002), «Im Gehege» (2004) und «Sommer mit Emma» (2009) folgten. Ohne Co-Autorin erschien 2007 ihr Roman «Lieber Luca». Martina Borger lebt in München.
Martina Borger, «Wir holen alles nach», Roman, Diogenes
Alle Rechte vorbehalten
Copyright © 2020 Diogenes Verlag AG, Zürich, www.diogenes.ch
120 / 20 / 44 / 1; ISBN 978 3 257 07130 6