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Jäger in der Dunkelheit

Eulen und Käuze sind vor allem nachts unterwegs und entgehen so meist unserer Aufmerksamkeit. Mit feinem Gehör, mit lautlosem Flug und lichtstarken Augen können sie auch im Dunkeln Beutetiere überwältigen. Die Vielfalt ihrer Arten ist gross, doch leider sind etliche davon gefährdet. 

Von Esther Wullschleger Schättin

Schon früh im Jahr erklingt in der Nacht das «Hu-Hu-uuu» eines Käuzchens. Es ist das Männchen des Waldkauzes, das sich mit seinen traurig wirkenden Rufen bemerkbar macht. Das Weibchen antwortet gelegentlich mit einem rauen «Kuwitt», einem schärfer klingenden Laut, der auch vom Männchen manchmal geäussert wird. Nächtliche Revier- und Balzrufe der Waldkäuze sind gar nicht so selten zu hören, denn diese häufigsten aller heimischen Eulen kommen auch in Siedlungsgebieten vor, solange Bäume mit Bruthöhlen und genügend Beutetiere wie Mäuse oder kleinere Vögel zu finden sind. 

Sicher erstaunt es wenig, dass die unheimlich wirkenden Rufe vieler Eulen in früheren Zeiten abergläubische Ängste weckten. Als ein Unheil verkündender Todesvogel war über Jahrhunderte vor allem der Steinkauz gefürchtet, dessen «Kiwitt» aus dem Dunkel als «komm mit» gedeutet wurde. Einzig im alten Athen, wo sie der griechischen Göttin der Weisheit, Athene, heilig waren, wurden Steinkäuzchen mit glücklichen Vorzeichen in Verbindung gebracht. Sie waren dort auch ausgesprochen häufig, worauf sich möglicherweise auch die Redewendung «Eulen nach Athen tragen» bezieht, die für eine überflüssige Handlung steht. 

Der Steinkauz braucht Schutz

Ein kleiner Steinkauz sitzt auf einem Stein. Zeitlupe.
© creative commons wikimedia

Heute ist der Steinkauz in weiten Teilen Mitteleuropas sehr selten geworden. Nachdem er über Jahrhunderte in unmittelbarer Nähe des Menschen gelebt hatte, sind seine Vorkommen in der Schweiz seit etwa den 1950er-Jahren dramatisch zurückgegangen. Der Verlust reich strukturierter Kulturlandschaften wie extensiv bewirtschafteter Obstgärten, die er als Lebensräume nutzt, hatte sein Verschwinden zur Folge. Der kleine Kauz bewegt sich oft in Bodennähe und kann auch schnell rennen, um Insekten oder Kleinsäuger zu jagen. Er braucht Tageseinstände wie Baumkronen oder Mauerritzen, erhöhte Warten wie Zaunpfähle und alte Bäume mit Höhlen, wo er brüten kann. Dank intensiver Schutzmassnahmen überleben kleine Steinkauzpopulationen im Tessin, im Raum Genf und in der Ajoie.

Weit besser ergeht es der Waldohreule, obwohl auch sie als Mäusejägerin in Nähe des Kulturlandes lebt und das Innere grösserer Wälder meidet. Die zier­liche Eule mit ihren langen Federohren ist in der Schweiz relativ häufig, wegen ihrer heimlichen Lebensweise aber wenig bekannt. Ihr braunes, rindenartig gezeichnetes Gefieder, das sie auf ihren Ruheplätzen im dichten Geäst gut tarnt, und die orangeroten Augen erinnern an den doppelt so grossen Uhu. Ihre dumpfen Balzrufe, die etwa von Mitte März bis Ende April erklingen, sind ziemlich leise. 2014 genoss die Waldohreule besondere Aufmerksamkeit: Der Schweizer Vogelschutz SVS hatte sie zum Vogel des Jahres gekürt. 

Wie es charakteristisch für die Eulenvögel ist, sind Waldohreulen hervor­ragende Nachtjäger. Ihre Augen sind extrem gross und lichtempfindlich, sodass sie noch bei schwachem Licht gut sehen. Gezähnte Säume der Schwungfedern erlauben ­einen lautlosen Flug, und das Hörvermögen der Eulen ist perfekt. Als Vögel haben sie zwar keine Ohrmuscheln, die den Schall auffangen würden. Stattdessen wirkt der eulentypische, durch Federn gebildete Gesichtsschleier wie ein Schalltrichter. Er fängt die leisesten Geräusche ein und leitet sie zur Ohröffnung weiter, die von aussen nicht sichtbar ist. 

Eine Waldohreule bei Nacht. Die orangeroten Augen leuchten. Zeitlupe.
Waldohreulen sind hervorragende Nachtjäger. © wikimedia/Artur Mikołajewski

Hochentwickelter Hörsinn

Dabei sind die Ohren der Waldohr­eulen an den Kopfseiten leicht asymmetrisch. Dadurch nehmen sie die Lautstärke in beiden Ohren unterschiedlich wahr, was die genaue Ortung feinster Geräusche erleichtert. Der Hörsinn ist bei der Waldohreule stärker entwickelt als bei manchen dämmerungs- und tagaktiven Eulenarten, die ein besonders gutes Sehvermögen haben. 

Noch stärker spezialisiert aufs Lokalisieren von Geräuschen ist die Schleiereule: Ihr herzförmiger Gesichtsschleier ist besonders ausgeprägt. Die Feder­ohren der Waldohreule und manch anderer ­Eulen haben übrigens gar nichts mit dem Gehör zu tun. Sie sind lediglich ver­längerte Kopffedern und spielen bei der Kommunikation der Vögel eine Rolle. 

Die kleinste europäische Eule, der knapp starengrosse Sperlingskauz, jagt tagsüber oder in der Dämmerung nach Kleinvögeln wie Meisen. Diese wissen um die Gefahr, und wenn sie einen Sperlingskauz entdecken, wird er durch laute Rufe und Scheinangriffe gnadenlos belästigt. Dieses als «Hassen» bezeichnete Verhalten der kleinen Singvögel ist aus biologischer Sicht durchwegs sinnvoll. Einerseits verraten sie mit ihrem auf­geregten Verhalten den genauen Standort des Beutegreifers, sodass dieser kein Tier in der Umgebung mehr überraschen kann. Zudem wird er durch die Belästigungen aus dem Gebiet vertrieben, in dem sich die Kleinvögel aufhalten. 

Nur wenig grösser wird die in der Schweiz sehr selten gewordene Zwergohreule. Ihre flötenden Rufe sind hauptsächlich in Südeuropa zu vernehmen. Sie schätzt als Lebensraum offene, trockene Landschaften mit lichtem Baumbestand und jagt vor allem Insekten. Das Aus­sehen dieser aussergewöhnlichen kleinen Eule wird stark von der Stellung ihrer ­Federohren bestimmt. Obschon sie kleiner ist als mancher Kauz, wird sie als Eule bezeichnet. Der Ausdruck «Kauz» bezieht sich denn auch nicht auf die Grösse und hat keine biologische Bedeutung. Er hat sich lediglich im deutschen Sprachraum als Bezeichnung für meist etwas rundliche Eulen ohne Federohren eingebürgert. 

Viele Gefahren für den Uhu

Auch der Uhu, unsere grösste heimische Eule, ist in der Schweiz nach wie vor gefährdet. Einst als «Schädling» gebrandmarkt, wurde er intensiv bejagt, bis die Art fast völlig verschwunden war und um 1925 unter Schutz gestellt wurde. Seither erholten sich seine Bestände nur langsam. In heutiger Zeit werden die schweizerischen Uhu-Vorkommen durch eine hohe Sterblichkeit begrenzt. Es droht den grossen Eulen Gefahr durch Stromleitungen, deren Masten nicht durch bauliche Massnahmen für Vögel entschärft wurden, und durch den Verkehr. Uhus ver­unfallen häufig an Stromleitungen, aber auch im Strassenverkehr oder an Bahnlinien. Ohne den Stromtod könnte die bescheidene Population der Uhus bedeutend ansteigen, wie Fachleute schätzen. 

Ein Uhu fliegt im Startflug über einer grünen Wiese. Zeitlupe
© pixabay/ Alexas Fotos

In der Verwandtschaft des europäischen Uhus sind noch grössere Arten anzutreffen. Die grösste Eule der Welt und zugleich eine der seltensten ist der Riesen-Fischuhu im nordöstlichen Asien. Er erreicht eine Flügelspannweite von zwei Metern. Als Fischjäger ist er auf dichte Wälder in der Nähe von Flussufern oder Seen angewiesen. Besonders für sein Nest benötigt der stattliche Vogel grosse, alte Bäume, die grössere Höhlen auf­weisen. Die Riesen-Fischuhus leiden ­unter dem Lebensraumverlust und der Übernutzung von Wäldern und Fisch­beständen. Sie schreiten erst im Alter von über drei Jahren zur Brut und sind wegen ihrer langsamen Fortpflanzung besonders empfindlich auf Beeinträchtigungen.      

Gut zu wissen

Beitrag vom 20.04.2021

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