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Soll man Tierquälereien anzeigen?

Die strafrechtliche Verfolgung von Tierquälereien ist für den Tierschutz sehr bedeutsam. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Strafverfolgungsbehörden Kenntnis von den begangenen Verstössen erlangen. Strafanzeigen aus der Bevölkerung spielen dabei eine entscheidende Rolle. 

Die Tierquälerei ist in Art. 26 des Tierschutzgesetzes (TSchG) geregelt. Während der Begriff Tierquälerei umgangssprachlich oft für alle Schmerzen und Leiden verwendet wird, die einem Tier von Menschen zugefügt werden, definiert das Gesetz Tierquälereien wesentlich enger und beschränkt sie auf einige wenige, genau umschriebene Tatbestände.

Im rechtlichen Sinn begeht nur eine Tierquälerei, wer vorsätzlich oder fahrlässig ein Tier misshandelt, vernachlässigt, unnötig überanstrengt oder dessen Würde in anderer Weise missachtet. Weiter begeht eine Tierquälerei, wer ein Tier qualvoll oder aus Mutwillen tötet, Kämpfe zwischen Tieren veranstaltet, bei denen diese gequält oder getötet werden, ihnen im Rahmen von Tierversuchen vermeidbare Schmerzen, Leiden, Schäden oder Ängste zufügt oder ein Tier aussetzt oder zurücklasst, um sich seiner zu entledigen.

Nur wenn Tierschutzverstösse konsequent verfolgt werden und die Täterinnen und Täter wissen, dass sie mit einer angemessenen Strafe rechnen müssen, kann das Tierschutzrecht seine präventive Wirkung entfalten. Wer eine Tierquälerei beobachtet, sollte deshalb bei der Polizei eine Strafanzeige einreichen. Denn Tierquälerei ist ein Offizialdelikt. Das bedeutet, dass Polizeibeamte den Anhaltspunkten von Amtes wegen nachgehen müssen. Ob und wie die allenfalls begangene Tat zu bestrafen ist, liegt dann allerdings im Ermessen der Untersuchungsbehörden und Gerichte.

Eine Strafanzeige kann auch direkt bei der für den Tierschutzvollzug zuständigen Verwaltungsbehörde, respektive, beim kantonalen Veterinäramt eingereicht werden. Die Anzeige wird anschliessend vom Veterinäramt abgeklärt und bei begründetem Verdacht an die richtige Instanz weitergeleitet.

Anzeige auf jedem Polizeiposten möglich

Eine Anzeige wegen Tierquälerei kann von jedermann eingereicht werden. Es ist nicht notwendig, dass man selbst in irgendeiner Form in die betreffende Situation involviert ist. Ebenfalls ist es nicht notwendig, zu diesem Zweck eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Generell werden mit einer Strafanzeige die zuständigen Instanzen über einen möglicherweise strafbaren Vorgang in Kenntnis gesetzt. Die Anzeige kann mündlich oder schriftlich bei der Polizei oder schriftlich bei der Staatsanwaltschaft eingereicht werden, wobei dies nicht zwingend in der Gemeinde des Tatorts geschehen muss.

Wird die Anzeige auf einem Polizeiposten erstattet, der örtlich nicht zuständig ist, leitet dieser die Angelegenheit an die zuständige Stelle weiter. Der Täter braucht im Übrigen nicht bekannt zu sein. Eine Strafanzeige kann auch «gegen Unbekannt» eingereicht werden, beispielsweise wenn der Verdacht besteht, dass ein Tier vergiftet wurde.

Beobachtungen möglichst gut dokumentieren

Damit ein Tierquäler für seine Tat verurteilt werden kann, müssen eindeutige Beweise für sein gesetzeswidriges Verhalten vorliegen. Die Strafanzeige sollte daher alles enthalten, was man im Zusammenhang mit dem Vorfall selbst festgestellt oder von anderen Personen erfahren hat. Sehr wichtig ist es, die eigenen Wahrnehmungen so gut wie möglich zu dokumentieren. Im Gegensatz zu äusseren Verletzungen bei Menschen sind Striemen oder blaue Flecken bei misshandelten Tieren nachträglich oftmals kaum erkennbar und selbst für einen Tierarzt nur schwer festzustellen. Hier können Foto- und Filmaufnahmen der Tathandlung als Beweismittel unschätzbare Dienste leisten.

Es ist allerdings darauf zu achten, dass man sich beim Beschaffen von Beweisen nicht selbst strafbar macht. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn Bereiche aus der Privatsphäre des möglichen Täters oder der Täterin gefilmt oder fotografiert werden, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Bedeutend ist auch das Benennen allfälliger weiterer Zeugen, weil sonst Aussage gegen Aussage steht, falls der Täter jedes Fehlverhalten abstreitet. Liegen keine Aufnahmen oder andere Beweise vor, ist es dann kaum möglich, diesen zur Verantwortung zu ziehen.

Stiftung für das Tier im Recht (TIR) – Rat von den Experten:

Haben Sie Fragen rund um das Tier im Recht? Kontaktieren Sie uns unter info@tierimrecht.org oder unter der Telefonnummer 043 443 06 43. Weitere Informationen finden Sie unter www.tierimrecht.org.

Beitrag vom 14.02.2024
Christine Künzli

MLaw, stv. Geschäftsleiterin und Rechtsanwältin Stiftung für das Tier im Recht (TIR)

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