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Schädlingsbekämpfung: Was ist erlaubt?

In der Schweiz werden jedes Jahr Millionen von sogenannten Schädlingen (Mäuse, Wespen, Schaben, Ameisen etc.) systematisch bekämpft und getötet. Das Tierschutzgesetz schützt Tiere zwar vor ungerechtfertigten Schmerzen, Leiden und Schäden und verbietet qualvolles oder mutwilliges Töten. Dies gilt jedoch – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nur für Wirbeltiere..

Die Rechtsordnung sieht für die Tötung von Tieren konkrete Vorgaben vor: Wann immer Tiere getötet werden, muss dies zumindest schonend geschehen und es müssen dabei unnötige Schmerzen, Leiden, Schäden und Ängste vermieden werden. So darf die Tötung von Wirbeltieren grundsätzlich nur nach vorheriger Betäubung erfolgen. Allerdings sieht die Tierschutzverordnung vor, dass Wirbeltiere und Panzerkrebse im Rahmen von Schädlingsbekämpfungsmassnahmen vor der Tötung nicht betäubt werden müssen.

Diese Ausnahmeregelung ist aus Tierschutzsicht höchst problematisch und widerspricht dem im Tierschutzgesetz verankerten Grundsatz, wonach Tieren keine unnötigen Schmerzen, Leiden, Schäden oder Ängste zugefügt werden dürfen. Ausserdem dürfen nur fachkundige Personen Tiere töten. Neben diesen Vorschriften ist bei der Schädlingsbekämpfung aber auch der Artenschutz zu beachten, wonach geschützte Arten insbesondere beim Einsatz von Giftstoffen nicht gefährdet werden dürfen. 

Tierschutzrelevante Mittel

Obwohl ihre Schmerzfähigkeit unbestritten ist, werden beispielsweise zur Bekämpfung von Nagern Mittel eingesetzt, die problematisch und vor dem Hintergrund des Verbots des qualvollen oder mutwilligen Tötens fragwürdig sind. Rattenköder und andere Giftpräparate führen dazu, dass die Tiere innerlich verbluten. Sie sind zudem auch für Hunde, Katzen und geschützte Arten wie Igel oder Wildvögel gefährlich, wenn sie die Köder fressen. Tierschutzwidrig sind auch unsachgemäss angewendete Mausefallen, in denen die Tiere nicht sofort getötet werden. Von Privat- oder Fachpersonen aufgestellte Fallen müssen deshalb regelmässig kontrolliert werden, um zu verhindern, dass die Tiere beim Fang verletzt werden und stunden- oder sogar tagelange Qualen leiden. 

Auch wirbellose Tiere leiden

Selbst wenn sie vom Tierschutzgesetz nicht erfasst sind, zeigen viele wirbellose Tiere (insbesondere Insekten) erwiesenermassen ein sogenanntes Meideverhalten, das mit Schmerzäusserungen bei Wirbeltieren vergleichbar ist. Daher leiden auch viele Wirbellose , wenn sie erst nach langem Todeskampf verenden – wie z.B. in Klebefallen. Statt vermeintlich lästige Insekten mit chemischen Mitteln zu vernichten, sollten daher – falls tatsächlich erforderlich – tierfreundlichere Methoden zur Schädlingsabwehr gewählt werden. Hinzu kommt, dass Insektengift noch lange in der Luft bleibt, wenn es in hoher Konzentration in der Wohnung angewendet und von Menschen und Heimtieren eingeatmet wird. Vor der Verwendung der Mittel ist daher unbedingt eine fachmännische Beratung angezeigt.

Den besten Schutz vor ungebetenen Gästen bedeuten ohnehin vorbeugende Massnahmen wie Insektengitter vor den Fenstern, abgedichtete Schlupflöcher und gut verschlossene Vorratsdosen. Vor der Verwendung von Insektensprays oder Mausefallen sollte man sich daher bei der Gemeindeverwaltung oder einer Schädlingsbekämpfungsfirma informieren. Wer eine Fachperson beizieht, kann nicht nur unnötiges Leiden der Tiere, sondern auch Verstösse gegen die Tierschutz- oder Artenschutzgesetzgebung vermeiden.

Stiftung für das Tier im Recht (TIR) – Rat von den Experten:

Haben Sie Fragen rund um das Tier im Recht? Kontaktieren Sie uns unter info@tierimrecht.org oder unter der Telefonnummer 043 443 06 43. Weitere Informationen finden Sie unter www.tierimrecht.org.

Beitrag vom 15.06.2024
Christine Künzli

MLaw, stv. Geschäftsleiterin und Rechtsanwältin Stiftung für das Tier im Recht (TIR)

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